Warum – sagt der HERR – klagt ihr mich an? Ihr wolltet doch von mir nichts mehr wissen!
Jeremia 2,29
Wann können wir jemanden anklagen? Ich denke auf zweierlei Art. Einen Freund können wir anklagen, weil wir von ihm enttäuscht sind. Da geht es nicht um Rechtsfakten, sondern einzig um persönliche Enttäuschung. Der Gott Israels aber weiß von keiner persönlichen Beziehung mehr zwischen ihm und dem Volk. „Diese Beziehung habt ihr zerstört. Ich habe mich um euch bemüht, aber ihr habt nichts von mir wissen wollen.“
Die andere Art ist aufgrund eines bestehenden Rechtssystems. Da geht es nicht um persönliche Enttäuschungen, sondern um das Einklagen von Recht, weil das Recht verletzt worden ist. Kläger und Angeklagter müssen keine persönliche Beziehung haben. Aber auch diese Anklage lässt der Gott Israels nicht zu. „Ihr habt das Rechtssystem, auf das ihr euch nun beruft, völlig zerstört. Die Propheten, die in meinem Namen Recht gesprochen und eingefordert haben, habt ihr reihenweise getötet. Damit habt ihr auch das Rechtssystem zerstört und nun kein Recht mehr mich anzuklagen.“
Gott weist alle Klage und Anklage Israels zurück. Diesen Weg kann Israel nicht mehr beschreiten. Diesen Weg hat es sich selbst versperrt, selbst zerstört. Bei einer intakten Beziehung, bei einem intakten Rechtssystem wäre dies durchaus möglich gewesen.
Aber Gott zeigt einen Ausweg aus diesem Dilemma: Der Weg des Neuanfangs, der Weg der Versöhnung. Und so finden sich viel später im Jeremiabuch folgende Sätze: „Denn mein Plan mit euch steht fest: Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich habe im Sinn, euch eine Zukunft zu schenken, wie ihr sie erhofft. Das sage ich, der HERR.“
Guter Vater!
Danke für deine unverdiente Vergebung. Amen.
Vergebung (Rolf Grebener)
Als Oma vom Kaufmann zurückkam, fand sie mein Butterbrot im Garten. Sie hob es auf und nahm es mit in die Wohnung. Oma schimpfte: „Du weißt doch, dass du kein Butterbrot wegwerfen darfst, das ist Sünde.
Papa wird dich bestrafen!“ Das war nicht gut! Mein Papa war ein lieber Papa, leider auch ein sehr strenger. Oma hatte mir am Vortag die Sache mit der Vergebung erklärt.
Wenn du zum Beispiel einem Freund etwas Böses angetan hast, kannst du bestraft werden. Vergibt dein Freund dir aber die böse Tat bist du frei. Du wirst nicht bestraft. Dein Freund und du freuen sich, immer noch Freunde zu sein.
Es ist dann so, als hättest du deinem Freund nie etwas Böses angetan. Deine Schuld wurde dir vergeben.
„Oma, kannst du mir die Sache mit dem Butterbrot auch vergeben?“ fragte ich.
Oma nahm mich in den Arm und drückte mich. „Ja Rolfi“ sagte sie. „Ich vergebe dir von ganzem Herzen.“ Das fand ich nun wieder sehr praktisch.
Warum Oma in diesem Moment so glücklich aussah und trotzdem weinte, konnte ich damals noch nicht verstehen.
