Vater, Herr über Himmel und Erde, du hast angefangen, deine Herrschaft aufzurichten. Das hast du den Klugen und Gelehrten verborgen, aber den Unwissenden hast du es offenbar gemacht.
Matthäus 11,25
Für mich ist dies eine der schönsten und beeindruckendsten Stellen der Weihnachtsgeschichte, dass es ausgerechnet die Hirten sind, die als Erste von der Geburt des Erlösers erfahren. Ausgerechnet jene rauen Gesellen, die gesellschaftlich nicht angesehen waren in Israel. Denn sie lebten außerhalb der Städte und Dörfer, waren selten in die Gemeinschaften integriert. Und zu ihnen kommt zuerst Gottes neue Nachricht. In ihrer Nachbarschaft, in einem zugigen Stall wird Jesus geboren. Dabei hätte es auch andere Orte gegeben: Der Königspalast, der Tempel in Jerusalem oder zumindest in der Familie eines angesehenen Hohepriesters.
Eine spannende Frage: Wo würde Jesus heute geboren? In einer Flüchtlingsunterkunft in Cottbus, unter Obdachlosen auf der Straße in Baltimore, im Slum von Rio de Janeiro, unter Zwangsprostituierten in Bangladesch, im Quartier der Hells Angels oder in der Parteizentrale der AFD?
Auf jeden Fall bringt uns der Lehrtext von heute zum Nachdenken – zum Nachdenken über unser eigenes Schubladendenken. Und wir haben eine Menge Schubladen, in die wir Menschen hineinpacken: „Die wollen doch alle nicht arbeiten.“ „Die kriegen doch nur so viele Kinder wegen des Geldes.“ „Das sind doch alles Verbrecher!“ „Wer auf der Straße lebt, ist selber schuld!“ Wer einmal in einer Schublade gelandet ist, den lassen wir dort selten wieder raus.
Komisch, Gott sieht den Menschen ganz anders: Bist du bereit, deinen Weg mit mir zu gehen? Hast du eine offene Seele, um mich zu hören? Siehst du im anderen auch mein geliebtes Kind?
Guter Vater!
Schenke mir offene Gedanken. Amen.
Wo würde man Jesus finden, wenn er heute zur Welt käme?
Ein Projekt der Klasse 9a, Liebfrauenschule Geldern
Angenommen, ein Mann wäre mit seiner hochschwangeren Partnerin unterwegs, und das nicht freiwillig, sondern weil sie unbedingt bei einer Behörde vorsprechen müssen. Dann setzen auch noch die Wehen ein, doch das Paar findet weder Hotel noch Pension, geschweige denn ein Krankenhaus. Das Kind kommt unter extremen Umständen zur Welt – in einer Notunterkunft. Kurz darauf muss die junge Familie auch noch aus dem Land flüchten, weil Mörder des Herrschers Kinder töten wollen. Das ist die harte Realität der Weihnachtsgeschichte. Um sie richtig zu verstehen, muss man die Sache wohl verfremden. Wo würden wir Jesus finden, wenn er heute in unserer Stadt Geldern zur Welt käme? Dieser Frage sind wir im Religionsunterricht nachgegangen!
Angeregt durch die Diskussion über dieses Thema entstand bei uns die Idee, unsere Vorstellungen fotografisch umzusetzen. Die Krippenfiguren der Heiligen Familie stehen nun also nicht mehr in einem gemütlichen Stall unter dem Tannenbaum, sondern vor der Halfpipe, vor der JVA-Pont, an einer Bushaltestelle oder im Parkhaus – also mitten in unserer Stadt! Aber - alle Fotos zeigen öffentliche Plätze, die so gar nicht beschaulich wirken.
Wir möchten unsere Gedanken zu diesem Thema gern einer breiten Öffentlichkeit präsentieren. Deshalb stellen wir unsere Krippenfiguren mit den verschiedenen Fotokulissen während der Advents- und Weihnachtszeit in der Gelderner Innenstadt in den Schaufenstern der Geschäfte aus. Durch die ungewöhnliche Präsentation wollen wir alte Sehgewohnheiten aufbrechen und die eigentliche Botschaft von Weihnachten wieder sichtbar machen: Gott wird Mensch. Uns fällt nicht mehr auf, wie sensationell das ist. Weil wir diese Formulierung schon so oft gehört haben, hat uns das offenbar abgestumpft. Dass Gott Mensch wird, nehmen wir deshalb wie selbstverständlich hin.
Weihnachten bewegt alle Menschen: Kinder und Jugendliche genauso wie die Erwachsenen. Auch wenn es oft nicht gelingt: Wir wünschen uns ein behagliches, stimmungsvolles Fest in der dunkelsten Zeit des Jahres, mit Lichterglanz und leuchtenden Augen. Auch wenn es Streit und Ärger geben kann: Es ist ein Fest der Familie, und es holt uns mit seinen Bräuchen und Liedern aus der Routine des grauen Alltags heraus. Das ist auch in Ordnung – aber nur dann, wenn wir darüber die zentrale Botschaft von Weihnachten und die Menschen in Not nicht vergessen.
www.wissensschule.de/wo-wuerde-man-jesus-finden-wenn-er-heute-zur-welt-kaeme/
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause