Und da wagst du noch zu sagen: ›Ich bin frei von Schuld; der HERR ist ja gar nicht mehr zornig auf mich!‹ Darum mache ich dir den Prozess!«
Jeremia 2,35
Oftmals stellt sich das Alte Testament Gerechtigkeit vor wie einen Gerichtsprozess. Ein Fehlverhalten wird vor Gericht angeklagt, der Schuldige wird verurteilt. So auch hier. Mit markigen Sätzen wird die Schuld benannt: „Der HERR sagt: »In der Jagd nach Liebhabern bist du unübertrefflich. Deshalb merkst du es gar nicht mehr, wenn du Verbrechen begehst. Sogar das Blut unschuldiger Menschen klebt am Saum deiner Kleider, das Blut armer Leute – und du kannst dich nicht damit herausreden, dass du sie beim Einbruch ertappt hast! Der Fluch all dieser Taten wird dich treffen!“
Die Menschen haben einerseits Hilfe bei anderen Göttern gesucht, zum Beispiel bei dem Gott Baal. Und die Elite des Landes, das Königshaus hat das eigene Volk benachteiligt, ungerecht behandelt. Außerdem suchten die Könige Schutz bei dem Pharao von Ägypten und dem König von Assyrien anstelle sich alleine auf Gott zu verlassen. Der Verurteilte wird schuldig gesprochen. Der Prophet wird zu demjenigen, der laut Gerechtigkeit und Recht einfordert. Das Recht Gottes war so ausgerichtet, dass es vor allem die Witwen, Waisen und die Armen schützte.
Ich bin letztens gefragt worden, warum Kirche sich immer so politisch geben würde. Meine Antwort: Kirche muss automatisch politisch sein, wenn sie Ungerechtigkeiten sieht. Kirche muss politisch sein, weil sie natürlich an der Seite der Alten, Kleinen und Hilflosen steht. Kirche muss politisch sein und wie damals die Propheten gegen eine schuldig gewordene Obrigkeit lautstark protestieren. Dabei muss sie allerdings sehr genau aufpassen, dass sie sich selbst nicht an Unrecht beteiligt.
Guter Vater!
Du siehst die Ungerechtigkeiten dieser Welt. Amen.
Oscar Romero
Lebensweg eines Märtyrers
Oscar Arnulfo Romero y Galdámez, Erzbischof von San Salvador, wurde am 15. August 1917 in Ciudad Barrios, El Salvador, geboren. Er wuchs in bescheidenen Familienverhältnissen auf. Romero absolvierte zunächst in seinem Geburtsort eine Schreinerlehre und trat 1931 als Internatsschüler in das von Claretianern geführte Seminar in San Miguel ein. 1937 nahm er in San Salvador das Studium der Theologie auf. Seine Studien führte er danach an der Gregoriana in Rom fort. 1941 erhielt er das Lizenziat der Theologie cum laude. 1942 wurde er in Rom zum Priester geweiht.
Nach seiner Rückkehr nach El Salvador arbeitete Romero zunächst als Pfarrer. Schließlich wurde er Sekretär der Diözese San Miguel. Ab 1967 hatte er das Amt des Generalsekretärs der Bischofskonferenz El Salvadors inne. Papst Paul VI. ernannte Romero 1970 zum Weihbischof in San Salvador. Ab 1971 war er Redakteur von Orientación, der Wochenzeitung des Erzbistums San Salvador. Zeitweilig fungierte Romero als Rektor des Priesterseminars in der salvadorianischen Hauptstadt. 1974 wurde er Bischof der Diözese Santiago de María. Ab 1977 war Romero Erzbischof von San Salvador.
Traditionalistisch orientiert
Theologisch und politisch orientierte Romero sich ursprünglich konservativ, sympathisierte sogar mit der Spiritualität des Opus Dei. Der Befreiungstheologie begegnete Oscar Romero lange mit Misstrauen, da er glaubte, diese stelle einen christlich verbrämten Marxismus dar – in jenen Jahren ein gängiger Vorwurf an die Adresse der Befreiungstheologie.
Das gesellschaftliche Klima im El Salvador der späten 1970-er Jahre war durch politische Unterdrückung und Gewaltaktionen gegen Arbeiter*innen, Bauern und Bäuerinnen sowie gegen unbequeme katholische Geistliche geprägt. Der im rechten politischen Spektrum beheimateten salvadorianischen Oligarchie kam Romeros Ernennung zum Erzbischof gelegen. Er wurde als Garant eines guten Einvernehmens von Klerus und Politik angesehen.
Persönliche Wandlung
Als Erzbischof von San Salvador schärfte Oscar Romero allerdings seinen Blick für die soziale Not in seinem Heimatland und die politischen Verhältnisse, welche für diese verantwortlich waren. Nach einem Massaker an Demonstrant*innen, die gegen Fälschungen bei den Präsidentschaftswahlen protestierten, und nach der Ermordung des befreiungstheologisch geprägten Jesuitenpaters Rutilio Grande – eines Freundes Romeros – wandelten sich die Positionen des Erzbischofs zunehmend. Er definierte die Kirche als Anwältin der Armen und Entrechteten und ergriff konsequent Partei für diese. „Die Kirche würde ihre Liebe zu Gott und ihre Treue zum Evangelium verraten, wenn sie aufhörte, die Stimme derer zu sein, die keine Stimme haben“, brachte Romero die Dinge für sich auf den Punkt. Eine Haltung, die ihm auch in Kreisen des katholischen Klerus bei weitem nicht nur Freunde einbrachte.
Aufgrund seines Einsatzes für die Menschenrechte erhielt Oscar Romero 1978 die Ehrendoktorwürde der Universität Georgetown, USA, und im Februar 1980 die der Katholischen Universität im belgischen Leuven. Darüber hinaus wurde er 1978 und 1979 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
„Beendet die Unterdrückung!“
Mehrfach wurde Oscar Romero aufgrund seines Engagements für die Armen und Entrechteten El Salvadors mit dem Tod bedroht. In seiner letzten Predigt, gehalten am 23. März 1980 in der Kathedrale von San Salvador, thematisierte er eingehend Gräueltaten des Militärs an Zivilist*innen und appellierte eindringlich an Angehörige der salvadorianischen Streitkräfte, nicht länger unmoralischen Befehlen Folge zu leisten:
„Ich möchte besonders an die Männer der Streitkräfte und konkret an die Basis der Nationalgarde, der Polizei und der Kasernen appellieren: Brüder! Ihr seid Teil unseres Volkes. Ihr tötet in den Campesinos eure eigenen Brüder und Schwestern! Aber über jedem Tötungsbefehl, den ein Mensch erteilen kann, steht das Gesetz Gottes, welches da lautet: Du sollst nicht töten! Kein Soldat ist gezwungen, einem Befehl zu gehorchen, der dem göttlichen Gesetz widerspricht. Niemand muss ein unmoralisches Gesetz erfüllen. Es ist an der Zeit, dass ihr eurem Gewissen folgt und nicht sündigen Befehlen! Die Kirche als Verteidigerin der Rechte Gottes, des göttlichen Gesetzes, der menschlichen Würde und der Person kann angesichts solcher Gräuel nicht schweigen. Wir wünschen, dass die Regierung ernstlich begreift, dass Reformen wertlos sind, wenn sie mit so viel Blut befleckt wurden! Im Namen Gottes und im Namen dieses leidenden Volkes, dessen Klageschreie Tag für Tag lauter zum Himmel steigen, bitte ich euch, flehe ich euch an, befehle ich euch: Beendet die Unterdrückung!“
Der Mord an Romero und seine Folgen
Als Oscar Romero am nächsten Tag, dem 24. März 1980, in der Kapelle des Krebshospitals La Divina Providencia in San Salvador die Heilige Messe zelebrierte, wurde er aus einem vor dem Kapelleneingang vorfahrenden Volkswagen von einem gedungenen Killer erschossen. Der Täter entkam.
An den Feierlichkeiten zu Romeros Begräbnis nahmen etwa eine Million Menschen teil. Scharfschützen richteten hierbei ein Massaker unter den Teilnehmer*innen an. Es kam zu 40 Todesopfern.
Der Mord an Oscar Romero bildete den Auftakt zu einem Bürgerkrieg in El Salvador, der rund 75.000 Tote forderte und der erst 1992 durch Friedensvereinbarungen beendet wurde. Romeros Grab, das sich in der Kathedrale von San Salvador befindet, wurde zu einer Gedenkstätte für katholische Pilger*innen aus der ganzen Welt. Bis heute wird dem unbequemen und streitbaren Geistlichen in Ländern Lateinamerikas eine große Verehrung zuteil.
www.ci-romero.de/oscar-romero-biografie/
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause