Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihrem eigenen Begehren werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken.
2. Timotheus 4,3
Als Sekten- und Weltanschauungsbeauftragter des Kirchenkreises stelle ich schon seit vielen Jahren ein besonderes Phänomen fest. Es ist genauso wie es der Schreiber des Timotheusbriefes vorhergesagt hat. Menschen basteln sich ihre eigene Religion. Man nimmt ein bisschen Tai-Chi, ein bisschen Christentum, mixe alles gut zusammen und erhalte anscheinend das, was einem gut passt oder gefällt. Dass aber eigentlich beides überhaupt nicht zusammenpasst, das wird nicht gesehen. Es gab sogar schon Pfarrer, die meinten, sie könnten Tai Chi Meister sein und Pfarrer.
Dabei verliert Religion eine ganz wichtige Aufgabe und Funktion, wenn ich sie mir nach Belieben zusammenstelle: Sie hat nicht mehr die Kraft, mir selbst Korrektiv zu sein. Immer wieder stelle ich zum Beispiel beim Schreiben der Andachten und Predigten fest, dass sie mein Denken infrage stellen. Zumindest wird mir die Frage gestellt: „Und wie machst du es selbst?“ Und damit wird auch mein Lebensansatz kritisch beleuchtet. Und oftmals komme ich auch ins Nachdenken über das eigene Handeln. Daher ist es auch gut, dass es vorgeschlagene Predigttexte und Tageslosungen gibt, sonst bestände die Gefahr, sich „nur“ die einem passenden Stellen der Bibel herauszusuchen.
Aber Menschen lassen sich nicht gerne hinterfragen. Oftmals setzen sie ihre eigene Meinung als gesetzt und richtig an. Und dann suchen sie ihresgleichen, mit denen sie sich dann gut verstehen. Wie schade! Denn nur wenn ich mich hinterfragen lasse, dann kann ich mich auch korrigieren lassen. Und keine(r) von uns macht immer alles richtig.
Guter Vater!
Gib mir den Mut, mich selbst mit deiner Hilfe zu hinterfragen. Amen.
Eine neue Identität
Eine Anekdote erzählt von Martin Luther, dass er in Wittenberg spät abends in seinem Arbeitszimmer studiert. Der Teufel schleicht durch die Stadt und will den Reformator bei seiner Arbeit stören. Unter dem Fenster des Arbeitszimmers ruft der Teufel nach oben: „Wohnt hier der Doktor Martinus Luther?" Luther hört die Stimme des Teufels, springt zum Fenster, reißt die Läden auf und ruft hinunter: „Nein, der Martin Luther, der ist längst gestorben. Hier wohnt Jesus Christus!" Da zieht der Teufel den Schwanz ein und flüchtet.p
Hier sind alte Andachten zu finden:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause