Mit Leib und Seele schreie ich nach dir, dem lebendigen Gott!
Psalm 84,3
Wer diesen ganzen Psalm liest, dem wird schnell deutlich, welch eine riesige Bedeutung der Tempel in Jerusalem hatte. Er war nicht nur die zentrale „Kirche“ Israels, sondern in allererster Linie der Wohnsitz Gottes. Im Allerheiligsten wohnte nach dem Verständnis der Menschen Gott selbst. Nur ein Mal im Jahr durfte der oberste Priester diesen Raum betreten. So erst können wir verstehen, welche Katstrophe die Zerstörung des Tempels für Israel bedeutete. Und bis heute gibt es starke Kräfte im Judentum, die den Tempel wieder errichten wollen. Das Dumme ist nur, dass an dieser Stelle jetzt der Felsendom steht, eines der wichtigsten Heiligtümer im Islam.
Solch eine große Bedeutung kennt das Christentum für einen religiösen Bau nicht. Allerdings wachsen auch uns besondere Kirchen ans Herz, wie wir beim Brand von Notre Dames erlebt haben. Und wie sehr haben wir uns über die renovierte und reparierte Kirche in neuem Glanz gefreut. Wir glauben daran, dass Gott überall ist und nicht nur in einer Kirche seine Gegenwart gespürt werden kann.
Was wir aber auch kennen ist eine große Sehnsucht nach Gottes Gegenwart. Eine Sehnsucht, die manchmal schon fast eine Verzweiflung ist. Besonders in Zeiten des Leids schreien dann unsere Seele und unser ganzer Körper nach Gott. Darin äußert sich dann unsere verzweifelte Hoffnung, Gott möge doch irgendwie helfen können. Oder wir sind seit Langem auf der Suche nach Gott und können ihn einfach nicht finden. Auch dies lässt Menschen verzweifelt schreien.
Die Sehnsucht nach einer Nähe zu Gott hat es zu allen Zeiten gegeben und wird es auch immer geben, solange es Menschen gibt auf Erden.
Guter Vater!
Zeige dich den Menschen, die dich suchen. Amen.
Das wiedergefundene Lied
Friedrich von Sallet erzählt in seinem Gedicht „Der Geiger" von einem Mann, der mit seinem Instrument durch die Lande zieht. Überall begeistert er die Leute mit seinem Geigenspiel. Ihn aber rührt der Beifall nicht. Er bleibt traurig, und bisweilen bricht er mitten in einem Stück ab. Der Geiger weiß, es ist nicht das Lied, das er spielen müsste und möchte. Einst hat er ein besonderes Lied von seinem sterbenden Vater gelernt. Aber er hat es verloren. Darum zieht er durch die ganze Welt und sucht überall nach dem verlorenen Lied. Als er es in der Fremde nicht gefunden hat, kehrt er als alter Mann noch einmal in die Heimat zurück, um es dort zu suchen. Dann betet er verzweifelt zu Gott, er möge in seiner Barmherzigkeit ihm das Lied noch einmal schenken. Auf sein inniges Gebet hin erscheint ihm der Vater im Traum und spielt ihm noch einmal das wunderbare Lied. Voll Freude nimmt er am Morgen die Geige und spielt es wieder, das verlorene und wiedergefundene Lied, zum Staunen seines Jungen. Und mitten im Lied fällt dem Sterbenden der Bogen aus der Hand.
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause