Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.
Johannes 14, 1+2
Gleich zweimal sind mir in der letzten Zeit Menschen begegnet, die mit einem Selbsttod aufgrund des Alters konfrontiert waren. Eine Tochter erzählte von Selbsttod des Vaters, der nun pflegebedürftig geworden war und diese Situation nicht aushalten wollte oder konnte. Eine Frau erzählte mir von ihrem Entschluss, sich das Leben zu nehme, wenn sie dement zu werden beginnt.
Es steht mir nicht zu, dieses Handeln oder auch die Absicht zu bewerten. Jeder Mensch hat das Recht, über sein Leben selber zu entscheiden. Dazu gehört auch die Entscheidung, das Leben zu beenden.
Ich spüre aber, dass eine große Angst dahinter steckt: Die Angst vor Leid und die Angst davor, nicht mehr selber über das Leben entscheiden zu können – abhängig zu sein von anderen und deren Entscheidungen und deren Handeln.
Das Wort Jesu lässt mich noch einmal neu nachdenken. „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Jesus ermutigt zu Vertrauen und Glauben.
Ich bewundere Menschen, die aus einem festen Glauben heraus sagen können: Ich nehme alles aus Gottes Hand. Egal, was kommt, Gott wird es richtig machen und Gott wird es gut machen. Und ich erlebe zum Beispiel Menschen im Heinrich-Grüber-Haus, die trotz Pflegebedürftigkeit oder Demenz ein gutes Leben leben – ein Leben mit Freuden, ein anderes und doch auch gutes Leben.
Ich wünsche mir das Vertrauen, dass ich nie tiefer fallen kann als in Gottes Hand. Und dass diese Hand mir eine Geborgenheit gibt, die mir Gelassenheit schenkt.
Guter Vater!
Gib mir den Mut, alles aus deiner Hand zu nehmen. Amen.
Aus Gottes Hand nehmen (Cornelia Michels-Zepp)
Im Krankenhaus besuche ich einen jungen Mann aus Tschetschenien. Er hat seine Frau durch eine Gasexplosion verloren; seine einjährige Tochter erlitt schwerste Verbrennungen im Gesicht und am Arm. Das Kind ist für sein Leben gezeichnet und muss immer wieder operiert werden, damit es ein halbwegs normales Leben führen kann.
Was für ein Schicksal! Und doch: Der Mann ist fröhlich und das Kind ist voller Tatendrang, obwohl sein Gesicht verbunden ist und an seinem Arm ein Schlauch hängt von der Infusion.
„Woher nehmen Sie diese Kraft?“ frage ich ihn.
Er sagt: „Ganz einfach: Ich schaue nicht nach Leuten, denen es besser geht. Wissen Sie, es gibt so viele auf Welt, die sind unzufrieden, weil sie dies nicht haben und das nicht haben. Sie merken gar nicht mehr, dass sie ein Dach über dem Kopf haben und genug zum Essen und vielleicht auch noch gesund sind.
Ich bin einfach glücklich, weil meine Tochter noch ihr Augenlicht hat; sie kann ihre Hände benutzen und sie kann herumspringen und laufen. Die Ärzte hier tun ihr Möglichstes und die Deutschen nehmen uns immer wieder freundlich auf. Und zu Hause hilft mir meine Familie. Sollte ich da nicht glücklich sein?“
„Schon“, sage ich, „aber mir würde das sehr schwer fallen.“
Ein Schatten huscht über sein Gesicht. „Am Anfang war es auch sehr schwer“, sagt er. „Ich wusste ja nicht einmal, ob die Kleine überlebt. Aber dann, als es bergauf ging, wurde ich dankbar. Das Gute nehme ich gerne aus Gottes Hand. Muss ich dann nicht auch das Schwere annehmen?“
Die Tochter streckt ihm die Ärmchen entgegen. Als er sie auf den Arm nimmt, stopft die Kleine ihm alles, was sie greifen kann, oben in den Hemdausschnitt und gluckst dabei vor Freude.
„Sie denkt, ich bin ein Känguru“, sagt er und lacht.
www.kirche-im-swr.de/beitraege/?id=4541
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause