Unterdrückt die Fremden nicht! Ihr wisst ja, wie ihnen zumute sein muss, denn ihr seid selbst einmal Fremde in Ägypten gewesen.
2. Mose 23,9
Eine Tageslosung mit Sprengsatz. Die Stimmung gegenüber Asylsuchenden in Europa wird immer schlechter. In den Niederlanden soll jetzt in einer Regierung mit Geert Wilders eine sehr abweisende Asylpolitik installiert werden. Dänemark verfährt schon so. Überall kippt die Stimmung. Nicht zuletzt war das wohl auch der Grund, warum die AFD zwischenzeitlich sehr hoch in den Umfragen war.
Dagegen hat unsere Kirche ein Schiff mitfinanziert, das Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken rettet. Sie folgt einem ganz einfachen Satz: „Man lässt niemanden ertrinken. Niemals!“ Und doch weiß ich, dass deswegen Mitglieder aus unserer Gemeinde ausgetreten sind.
Die Bibel ist voll von Geschichten der Flucht. Die Brüder Josefs flüchten von Israel nach Ägypten. In Israel herrscht eine Hungersnot. Sie hoffen auf Nahrung. Selbst Jesus flieht vor Herodes nach Ägypten mit seinen Eltern Maria und Josef. Wie viele unserer alten Gemeindeglieder sind in Ostpreußen, Pommern, Sudetenland, Siebenbürgen geboren worden? Hunderttausende Russlanddeutsche sind hierher gekommen, haben sich Existenzen aufgebaut.
Wir werden uns daran gewöhnen müssen, unsere Welt ist bunt. Unser ehemaliger Küster stammt aus Weißrussland. Eine andere Angestellte hat ungarische Wurzeln. Wieder eine andere hatte österreichische und japanische Wurzeln. Russlanddeutsche Organisten helfen uns.
Bei soviel kunterbunter Vielfalt ist vielleicht eines das Beste: Einfach niemanden unterdrücken, benachteiligen, abwerten, abqualifizieren. Eigentlich ist es ganz einfach: Jeder Mensch ist Gottes geliebtes Kind.
Guter Vater!
Ich danke dir, Teil einer bunten Vielfalt zu sein. Amen.
Kauderwelsch (Bruno Horst Bull)
Die Hausmeisterin schimpft auf Mirko. Vor nunmehr 20 Jahren zogen Mirkos Großeltern nach Deutschland. In ihrer Heimat Jugoslawien gab es damals wenig Arbeit. In der Bundesrepublik war es leicht, eine Arbeit zu finden. Mirkos Vater Zwonimir war damals ein Schulbub. Als er 15 Jahre alt war, begann er eine Lehre in Großvaters Betrieb. Vor acht Jahren heiratete Vater Zwonimir die Verkäuferin Jovanka. Sie wurde die Mutter von Mirko. Der Sohn wurde in Deutschland geboren. Seit einem Jahr geht er in die Schule. Der Hausmeisterin Klarabella Eisenherz ist der immer zu Spaßen und Streichen aufgelegte Mirko ein Dorn im Auge. Ständig schreit sie ihn an: »Du putzen gefälligst deine Schuhe ab, wenn du kommen in das Haus!« keift sie. »Du nix schmeißen Papier auf Boden. Papier und Abfall sich gehören in Mülltonne! Du verstehen?«
So meckert die Hausmeisterin Tag für Tag.
Eines Mittags hat sie wieder etwas zu rügen. Mirko ist gerade aus der Schule gekommen.
»Wenn du noch einmal kleben deine gebrauchte Kaugummi unter Treppen-Geländer, ich sprechen mit deine Vater! Ich muß machen kratzi-kratzi mit Messer wegen diese Kaugummi. Ganze Politur auf Holz gehen kaputt. Du sein eine große Dreck-Ferkel!«
Mirko schaut die Hausmeisterin mutig an. Dann sagt er selbstsicher und keck: »Ich will versuchen, mich zu bessern, Frau Klarabella! Aber sagen Sie mal: Warum sprechen Sie immer in gebrochenem Deutsch mit mir? Wenn Sie nicht richtig Deutsch sprechen können, sollten Sie noch einmal zur Schule gehen. Damit die Leute Sie besser verstehen können!«
Da hat es der Hausmeisterin die Rede verschlagen. Ab diesem Tag hat sie nicht mehr gemäkelt. Und kein Wort Kauderwelsch gesprochen.
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause