Bald richten die Richter wieder nach dem Recht und alle Aufrichtigen werden sich freuen.
Psalm 94,15
Vor einigen Wochen waren wir mit dem christlich-islamischen Dialog in Berlin auf Einladung unseres Bundestagsabgeordneten Hermann Gröhe. Unter anderem besuchten wir das Stasigefängnis Hohenschönhausen. Ein ehemaliger Gefangener führte uns und erzählte sehr plastisch, was ihm widerfahren war. Als wir am tiefsten Punkt des Gefängnisses bei den Zellen angekommen waren, mussten zwei türkische Besucherinnen die Führung abbrechen. Die Situation erinnerte sie zu sehr an den eigenen Gefängnisaufenthalt und den eines Ehemannes. Danach stellten wir fest, dass Gewaltherrschaft zu allen Zeiten gleich aussieht. Die Menschen verlieren alle Rechte und sind der absoluten Willkür ausgesetzt. Das war so im 3. Reich, im Gefängnis von Syrien und ist es noch unter Erdogan in der Türkei.
So zieht sich die Forderung nach Recht und Gerechtigkeit wie ein roter Faden durch die biblische Botschaft. Recht und Gerechtigkeit schützen den Menschen, Unrecht und Ungerechtigkeit dagegen machen den Menschen extrem verletzlich. Recht und Gerechtigkeit führen zur Freiheit, Unrecht und Ungerechtigkeit dagegen nehmen den Menschen gefangen.
Gott aber will den Menschen als ein freies, selbstbestimmtes Gegenüber. Und daher kämpft Gott und damit auch wir gegen jede Form von Unrecht und Ungerechtigkeit. Da, wo sie uns begegnen, da müssen wir als Christinnen und Christen laut werden. Und in dem christlich-islamischen Dialog habe ich gelernt, dass dies ganz genauso für unsere muslimischen Freunde gilt. Also setzen wir uns gemeinsam für eine gerechte Welt ein, in der jede und jeder die gleichen Rechte und Chancen hat.
Guter Vater!
Gib mir die Kraft, mich für Gerechtigkeit einzusetzen. Amen.
Betroffen
Vera Winholt wirft wütend die Tür ins Schloss, dreht zornig den Zündschlüssel herum und braust mit quietschenden Reifen davon. Dabei hätte sie allen Grund, mit sich zufrieden zu sein. Denn mit einer Stimme, ihrer Stimme, wurde in der gerade beendeten Ratssitzung der Ausbau der alten Zwergschule zu einem Begegnungszentrum für ausländische Mitbürger verhindert.
Als Argument hatte sie ins Feld geführt, dass der Ausbau dieses alten Gebäudes viel zu teuer käme. Das marode Haus müsste von Grund auf saniert werden, zumal sich an den Kellerwänden überall Schimmel zeige. Die Renovierung lohne sich nicht. Anders sähe der Fall aus, wenn dieses Gebäude unter Denkmalschutz stände.
Erschwerend käme hinzu, dass bei dem vorgesehenen Ausbau mehrere alte Eichen, die das Schulgebäude umgeben, gefallt werden müssten. Das wäre ein unverantwortlicher Raubbau an der Natur. Frau Winholt hatte auch vehement die Auffassung vertreten, dass ein solches Zentrum Brutstätte für kriminelle Aktivitäten werden könnte. Diese Meinung hatte sie mit Zahlenmaterial aus anderen Städten untermauert. Auf die Frage des Herrn Wesselmann, ein Ratsmitglied der anderen Fraktion, woher dieses Material stamme, wusste sie so schnell keine Antwort.
Aber ärgerlich war es schon, dass er ihr mit dieser Frage de facto unterstellt hatte, sie habe das Material gefälscht, zumindest geschönt. Über ihr Argument, Penner und Asylanten trieben sich bald dort herum, hatte er dann schallend gelacht. Das war eine Provokation.
Aber die größte Frechheit folgte dann. Herr Wesselmann erhob sich langsam, fast feierlich von seinem Sitz, schaute in die Runde und sagte dann mit zynischer Stimme: „Werte Frau Winholt, es verwundert mich, dass ausgerechnet Sie, die Ausländerbeauftragte unserer Stadt, das Bauvorhaben verhindern wollen. Ihre Pflicht wäre es doch, sich für die Belange dieser Menschen einzusetzen. Daraus ergäbe sich meiner Meinung nach, dass Sie den Bau mit aller Kraft vorantreiben müssten." Dann machte er eine rhetorische Pause, grinste widerlich, wie Frau Winholt meinte und fragte mit ironischem Unterton: „Könnte Ihre ablehnende Haltung zu diesem Projekt damit zu erklären sein, dass Sie im Haus gegenüber wohnen?"
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause