Von Krankheit und Schmerzen war er gezeichnet. Man konnte seinen Anblick kaum ertragen. Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet.
Jesaja 53,3
Dieser Text gehört zu insgesamt 4 der sogenannten Gottesknechtslieder bei Jesaja. Trotz intensiver Forschung ist man noch nicht dahinter gekommen, wer mit diesem leidenden Gottesknecht wirklich gemeint ist.
Das Phänomen aber kennen wir bis heute. Es passiert häufig, dass Menschen, die leiden in ihrem Leid ganz alleine sind. Zum Beispiel trauernde Menschen. Andere wagen es nicht sie anzusprechen, weil sie nicht wissen, was sie sagen sollen. Dadurch werden die Menschen, die eine Gemeinschaft verloren haben, noch einsamer.
Oder mir begegnet bei Beerdigungsgesprächen oft der Satz „Ich konnte die Mutter / den Vater nicht leiden sehen.“ Meist wird er von Söhnen gesprochen. Meine Gedanken dabei: Aber deine Schwester musste, konnte es ertragen. Schon mal daran gedacht, dass die Mutter, der Vater auf dich gewartet hat?
Leid ist nicht einfach auszuhalten. Es fällt unsagbar schwer, einen lieben Menschen leiden zu sehen und ihm oder ihr nicht helfen zu können. Und oft sind wir auch betroffen von dem Gedanken: So könnte es auch mir einmal gehen. Und doch ist die Begleitung leidender Menschen von herausragender Bedeutung. Das alte Sprichwort „geteiltes Leid ist halbes Leid“ ist immer noch aktuell und wahr. Vom Leid erzählt zu bekommen, macht das Leid nicht ungeschehen. Aber es drückt eine Solidarität und Nähe aus, die den Leidenden hilft. Sie wissen doch selbst, dass wir an dem Leid nichts ändern können.
Ein bisschen Mut aufbringen, Menschen in schwierigen Situationen zu begleiten. Genau das bedeutet auch erfülltes Leben, Leben mit einem Sinn.
Guter Vater!
Gib mir die Kraft da zu sein, wenn ich gebraucht werde. Amen.
Aufwachen
„Manchmal ist man froh, wenn man aufwacht und ein böser Traum zu Ende ist", sagt Sebastian zu seinem Vater und zerrt dabei nervös an dem Sicherheitsgurt des Autos, denn sie sind auf der Fahrt zum Krankenhaus. „Was hast du denn geträumt?", fragt der Vater. Sebastian erzählt: „Es fing wunderbar an. Ich bin mit einem Paraglider von einem hohen Berg aus in die Welt geflogen." Er lächelt selig, dann stellt er fest: „Fliegen im Traum ist wunderschön. Ich bin über Bäume und Häuser, Felder und Wiesen gesegelt. Menschen und Tiere glichen Ameisen. Plötzlich aber geriet ich ins Trudeln. Ich schrie oder ich glaubte zu schreien, jedenfalls bin ich dann zu Boden geknallt." Sebastian schaut seinen Vater an und fragt: „Ich weiß nicht, ob du schon einmal im Traum gefallen bist. Ich sage dir, das ist ein unglaubliches Gefühl. Du meinst, das Bett ist durchgebrochen. Als ich von dem Aufprall wach geworden bin, habe ich nachgesehen, ob mein Bett noch auf seinen Beinen steht." Sein Vater schmunzelt: „Das ist bestimmt jedem Menschen schon einmal passiert", meint er.
hi diesem Augenblick halten sie auf dem Parkplatz vor dem Elisabeth-Krankenhaus. Sie steigen aus und begeben sich in den zweiten Stock. Sie besuchen dort Arne, einen neunjährigen Jungen. Er ist Sebastians Vetter. Als sie das Zimmer betreten, strahlen seine großen, braunen Augen. Doch Sebastian denkt, er sieht noch blasser und dünner aus als sonst. Er sagt aber nichts, denn er weiß, sein Vetter hat Leukämie und die Ärzte haben nicht mehr viel Hoffnung. Er zieht den Stuhl ans Bett und setzt sich zu dem Kranken. Heute reden sie nur über Fußball, besonders über die zwei Tore, die seinem Lieblingsverein die Meisterschaft gebracht haben. Sein Vetter lächelt tapfer, doch Sebastian spürt, dass es ihm nicht gut geht. Darum drängelt wohl auch der Vater früher als sonst zum Aufbruch. „Wir kommen Sonntag wieder", verspricht Sebastian, als sie das Zimmer verlassen. Schweigend gehen Vater und Sohn zum Auto.
Auf der Heimfahrt fragt Sebastian: „Ob Arne noch lange lebt?" „Ich weiß es nicht", meint der Vater und er erinnert an das Gespräch auf dem Hinweg. „Vielleicht ist für Arne das Leben auf dieser Welt nur ein kurzer böser Traum und er wartet selbst darauf, aufzuwachen in einer für ihn besseren Welt."
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause