Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's euch auch wohl.
Jeremia 29,7
Jeremia spricht zu den Israeliten, die in Babylon im Exil sind. Er gibt ihnen Tipps, wie sie sich verhalten sollen. Unter anderem sollen sie keinen falschen Propheten folgen, die ihnen weissagen, sie könnten bald nach Hause. Und sie sollen sich für die Stadt, in der sie leben einsetzen, dann würde es ihnen auch gut gehen.
Das klingt erst einmal sehr vernünftig. Sehr viel später wird diese Tradition z.B. von Martin Luther fortgeführt. Er weist der Obrigkeit eine klare Aufgabe zu, nämlich die Ordnung aufrecht zu halten. Und so sind Gebete im Gottesdienst für die Regierung und Fürsten eine Selbstverständlichkeit für Luther.
Und so ist es auch heute noch: Christinnen und Christen sind aufgerufen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Eine Kirchengemeinde lebt nicht nur für sich, sondern sollte ein aktiver Bestandteil des Stadtteils oder Dorfes sein. Wir sind aufgerufen, uns einzusetzen.
Dies wird umso wichtiger je mehr das ehrenamtliche Engagement nachlässt. Wir stellen es ja gerade fest, dass immer mehr Vereine und Gruppen Schwierigkeiten haben, Nachwuchs zu finden oder Menschen, die mithelfen. Egal ob es die Schützen sind oder Sportvereine – überall bröckelt der Zusammenhalt. Da sind wir als Gemeindeglieder aufgerufen, uns einzubringen. So ist z.B. die Kirchengemeinde ein festes Mitglied beim Runden Tisch in Hoisten und bei dem Stadtteiltreff in Weckhoven. Gerade ein buntes und vertrautes Miteinander in der Nachbarschaft erhöht die Lebensqualität enorm und bereichert jeden Einzelnen.
Guter Vater!
Gib uns die Kraft, uns für die Gemeinschaft einzusetzen. Amen.
Das alte Mühlrad
In einem weit entlegenen Dorf stand an einem rauschenden Bach eine alte Mühle, die seit Jahrzehnten von einem mächtigen Wasserrad angetrieben wurde. Als die Zeit verging und es sich für die Bauern der Umgebung nicht mehr lohnte, selbst Getreide anzubauen und zu mahlen, weil das fertig gekaufte Mehl billiger war, bekam die Mühle eine neue Aufgabe. Statt Getreide zu mahlen trieb sie nun einen riesigen Generator an, einen Stromerzeuger. Der versorgte das ganze Dorf mit seinen siebenhundert Einwohnern mit Strom. Wenn abends die Sonne unterging und die Lichter eingeschaltet wurden, kam der Strom dazu von der alten Mühle am Bach. Eines Tages oder besser gesagt: eines Nachts aber wurden die einzelnen Teile des Wasserrades wie von Zauberhand mit Leben erfüllt; und die Speichen und Schaufeln, die Nabe und die Hölzer des Reifens begannen zu reden. Es war kein schönes Reden, da wurde geschimpft und gemault. Eine Speiche donnerte: „Wir drehen uns ganz verkehrt. Ab morgen bewege ich mich rückwärts“. Und eine andere meinte: „Nein, das ist falsch, seitwärts müssen wir uns neigen“. Da begannen auch die Schaufeln zu klagen, die eine wollte mehr nach rechts, die andere weiter nach links schauen. Und es waren Hölzer dabei, die riefen: „Ich will überhaupt kein Wasserrad sein“, sie wollten lieber zu einer Windmühle gehören... Während so alle durcheinander riefen und sich zankten überlegte ein kleines Hölzchen, dass es eigentlich auch lieber eigene Wege gehen, und nicht mehr länger zum Mühlrad gehören wollte. „Ich bin so klein und unbedeutend, ich habe weder viel zu sagen, noch irgendeine tragende Rolle in diesem Mühlrad, ob ich dabei bin oder nicht, kann keinem auffallen“, dachte es sich und begann zu rütteln und seine Verbindungen zu den anderen Teilen zu lockern und zu lösen. Die verzweifelten Versuche mancher anderer Stimmen, die ihre Kolleginnen und Kollegen zum Zusammenhalten zu überreden suchten, gingen im Getöse des Streites und des Baches unter - und auch das kleine Teilchen wollte nicht auf sie hören, sonder rüttelte weiter, bis es freikam und sich in den Bach fallen lassen konnte, der es rasch davontrug. Obwohl die anderen davon nichts gemerkt hatten, war es ihnen plötzlich, als hätte der Bach an Kraft gewonnen oder als wären ihre Kräfte erlahmt - einfach, als würde etwas Wesentliches fehlen; jedenfalls gelang es ihnen nur mehr kurze Zeit, sich aneinanderzuklammern. Der Bach toste und tobte immer heftiger - und wenig später barst das alte Mühlrad mit einem lauten Poltern auseinander. Da blieb der Generator stehen, der Strom fiel aus und in den Häusern der nahen Stadt wurde es finster. Die einzelnen Teile aber wurden vom rauschenden Wasser erfasst und weggeschwemmt.