Die Wunden, die er schlägt, verbindet er; denn seine Hand schlägt zu, doch heilt sie auch.
Hiob 5,18
Dies ist leider und zum Glück eine Erfahrung, die alle Menschen machen. Eine Frau aus der alten Gemeinde hat dies mit den Worten ausgedrückt: „Unter jedem Dach gibt es ein Ach.“ Ein guter Freund sagte letztens nach einer schlimmen Diagnose eines nahen Menschen: „Das gehört zum Leben dazu.“ Ja, manchmal werden wir fürchterlich geschlagen. Einige nennen es Schicksal, andere Zufall, wieder andere meinen, auch dies käme von Gott.
Hiob hatte die Erfahrung gemacht, dass er alles verloren hatte, was ihm wichtig gewesen war: Kinder, Gesundheit, Besitz. Seine Freunde fragen ihn schon lange: Warum glaubst du eigentlich noch? Und schließlich fragt ihn dies auch seine Frau. Doch Hiob hält an Gott fest. „Die Wunden, die er schlägt, verbindet er; denn seine Hand schlägt zu, doch heilt sie auch.“ Er vertraut darauf, dass Gott alles zum Guten oder zumindest zum Erträglichen verwandeln kann.
Und wir? Sind wir manchmal auch böse auf Gott, wütend über seine Wege? Na klar! Wut, Ärger, Enttäuschung und Verzweiflung sind Begleiter des Lebensweges und des Glaubensweges. Und doch ruft uns Hiob heute ins Gedächtnis: Es gibt kein einziges Leben, das nicht unter der Begleitung Gottes steht. Es gibt kein einziges Leben, in dem der Mensch alleine gelassen wird. Es gibt kein einziges Leben, das sinnlos ist.
Denken wir einmal zurück, wie oft wir schon nicht mehr weiter wussten. Und wie oft haben sich Wege aufgetan, an die wir vorher niemals gedacht hatten. Ich habe die Stimme einer Frau im Ohr, die mir sagte: „Ich hätte niemals gedacht, dass ich einmal im Leben wieder lachen können würde. Doch Gott hat ein Wunder an mir geschehen lassen.“
Guter Vater!
Hilf mir durch mein Leben. Amen.
Neubeginn (Annina Bergholz)
Glas splittert, Reifen quietschen, Geschrei von Menschen, ein dumpfer Aufprall ist zu hören. – Sie wacht schweißgebadet auf und dreht sich um, um nachzusehen, ob er noch schläft. Er tut es, zum Glück hat er nichts mitbekommen und schlummert friedlich weiter.
Sie versucht wieder einzuschlafen. Nach 20 Minuten steht sie auf, um eine heiße Schokolade zu trinken. Sie ist ganz leise, will ihn nicht aufwecken.
Sie macht sich ihre Schokolade und setzt sich auf die Veranda. Es ist warm und der Himmel klar, die Sterne leuchten. Sie lässt ihren Gedanken freien Lauf. Und da sind sie wieder, die Bilder des schrecklichen Unfalles, der alles zerstörte. Sie fragt sich immer wieder, warum dieser Betrunkene in ihr Auto rasen musste. Warum durfte das ungeborene Wesen in ihrem Bauch nicht geboren werden? Diese Fragen quälen sie jede Nacht. Dann zieht sie sich zurück, dass er ihre Tränen und Trauer nicht sieht. Sie weiß nicht, wie er darunter leidet. Sie weiß auch nicht, ob sie beide diese Krise überstehen werden. Sie geht wieder ins Bett, ganz leise und weint sich dort leise in den Schlaf, dass er nichts mitbekommt. Wie jede Nacht, die seit dem Unfall vergangen ist...
Am nächsten Morgen wachen beide gleichzeitig auf. Er sieht ihr an, was sie in der letzten Nacht erneut durchlitten hat und nimmt sie in den Arm. Er liebt sie. Er will sie nicht verlieren. Er will sie aus ihrer Trauer befreien, wie er es vor langer Zeit geschafft hat, vor vielen Monaten. Aber wie? Er weiß keinen Rat mehr. Er will mit ihr über den Unfall rede, der ihnen ihr Liebstes genommen hat. Aber sie wehrt seine Gespräche diesbezüglich ab. Er geht joggen, wie jeden Morgen, um sich neue Gedanken zu machen, wie sie beide über den Verlust reden können. Er will sie wieder glücklich sehen.
Er kommt zurück und sieht sie tränenüberströmt an einem Karton sitzen. Er ahnt, was sie gefunden hat...
Sie sitzt da und kann ihre Tränen nicht mehr aufhalten, sie weint hemmungslos. In ihrer Hand das letzte Ultraschallfoto ihres Kindes.
Sie sieht ihn auf sich zukommen, er nimmt sie in seine Arme. Sie lässt zum ersten ihren Schmerz in seiner Gegenwart zu. Beide können zunächst nur erst einmal weinen. Dann fragt sie ihn all die Fragen, die sie sich Nacht für Nacht stellt. Sie reden beide über ihr totes Baby bis in die tiefe Nacht hinein, froh es endlich getan zu haben. Es ist fast zu spät gewesen.
Es ist die erste Nacht, in der sie nicht von Albträumen geplagt aufwacht.
Sie wacht auf, die Morgendämmerung setzt ein. Sie beobachtet ihn und lächelt. Sie geht auf die Veranda, und keine traurigen Gedanken begleiten sie. Es ist ruhig und still, sie schließt die Augen und atmet die klare Luft ein. Arme schließen sich um ihren Leib. Sie hat nicht gemerkt, dass er ihr gefolgt ist. Sie dreht sich um und sieht ihm tief in die Augen.
Sie weiß, dass diesmal alles gut gehen wird. Sie weiß, dass unter ihrem Herzen ein neues Leben heranwächst...
www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?3848
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause