Dein Reich ist ein ewiges Reich, und deine Herrschaft währet für und für.
Psalm 145,13
Ich empfinde die Welt im Moment als völlig chaotisch und atemlos. Manchmal sind es so viele Nachrichten, dass man sie gar nicht auf einmal erfassen kann. Alleine was an täglichen Schwachsinnigkeiten aus den USA kommt, sprengt inzwischen völlig den Rahmen. Es scheint als würde der Wahnsinn zur Normalität. Und so ist anscheinend die ganze Welt irgendwie in Aufruhr. Und mit dieser großen Aufregung verlieren die Menschen ein Stück Sicherheit. Worauf kann man sich denn überhaupt verlassen? Denn es scheint so als sei das, was heute sicher erscheint, morgen schon ganz anders.
Ich muss an eine Anekdote aus den 60er Jahren denken. Es geht um einen herausragenden Theologen, Karl Barth. Die Geschichte ist legendär: In der Nacht vor seinem Tod sagte der Schweizer Theologe Karl Barth zu seinem Freund Eduard Thurneysen am Telefon: „Ja, die Welt ist dunkel. .... Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern … hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her!“ 1968 ist das. Lange her. Aber aktuell wie nie.
„Es wird regiert.“ Das ist einfach mit anderen Worten das, was auch die Tagelosung sagt: Dein Reich ist ein ewiges Reich, und deine Herrschaft währet für und für. Es gibt also doch noch die Verlässlichkeit, nach der Menschen so sehr suchen und sich sehnen.
In aller Unsicherheit, in allem Hin und Her, ist Gottes Herrschaft stets da. Und wenn uns alle Zölle der Welt um die Ohren fliegen, dann ist doch Gott mit seiner Menschenfreundlichkeit trotzdem unser sicherer Halt in der unsicheren Zeit.
Guter Vater!
Danke, dass ich mich an dir festhalten kann. Amen.
Mehr Trotzkraft für mich
Ein Interview mit Buchautorin Christina Brudereck
Frau Brudereck, Sie haben ein Wort für Kraft und Trost finden formuliert und es Ihrem Werk gewidmet. Wie funktioniert Trotzkraft? Wie und wo fange ich an?
Brudereck: Für mich ist Trotzkraft zunächst ein sehr ehrliches Wort. Wenn wir uns anderen Menschen, Gott oder uns selbst anvertrauen, sollten wir uns nicht belügen und ehrlich sein: das Leben ist gerade sehr herausfordernd. Es ist wirklich viel und es zehrt an meinen Nerven. Das ist der erste Schritt.
Sie beschreiben den Prozess zur Trotzkraft in ihrer Textsammlung wie folgt
dem Unschönen ins Auge blicken, alles raus lassen, ehrlich sein
sich erden, sich mit anderen und Gott verbinden
zum Leben sagen: „Ja, ich will!“
Die Schritte klingen einfach und ich bin ehrlich: Helfen Gebete denn wirklich? Ich spüre so viel Leid und Unrecht auf dieser Erde, nicht alles liegt in meiner Hand. Ich bezweifle, dass Gott das Leid mildern kann, wenn ich ihn darum bitte.
Brudereck: Ja, ich würde sagen das Beten hilft. Aber nicht in dem Sinne, dass ich meine Verantwortung abgebe und denke, dass irgendein:e omnipotente:r Held:in auf Knopfdruck alles richten wird. Das ist Unsinn. Keine Ahnung was Gott genau tut. Gott könnte uns auch genauso gut zurückfragen: ‚Was macht ihr denn gegen Leid und Unrecht?‘ Ich bete dann eher mal rotzig zu Gott. Das hilft.
Rotzig beten - darf man das?
Brudereck: Ja unbedingt! Ich fühle mich dabei immer willkommen. Man braucht nicht höflich zu beten. Ich glaube, dass Gott das locker aushält und sich über ehrliche Gebete freut.
Aber nicht jeder würde beten, um sich zu erden oder die heutige Tageslosung nachlesen.
Brudereck: Das sind ja auch meine Rituale. Und Rituale helfen, ob sie mit Gott im Gebet oder anders durchgeführt werden. Ich telefoniere z.B. auch jeden ersten des Monats mit meiner besten Freundin. Das Erden passiert ja meistens auch mit Hilfe von Menschen. Wir sind alle Teil irgendeiner Gemeinschaft. Und da denke ich nicht nur als Christin an meine Gemeinde, sondern vor allem an meine Liebsten oder die Nachbarschaft. Ich würde jedem und jeder in schwachen Momenten raten: Such Dir ein paar Menschen und ein paar Orte, die Du Kraftorte nennen kannst.
Mir gefällt Text 70 in Ihrem Buch gut: Siebzig Älteste für mich: „Wir fühlen uns oft erschöpft. Alles ist zu viel. Leichtigkeit fehlt.“ So ging es auch Mose in der Wüste. Er heulte sich bei Gott aus und der organisierte dann 70 Älteste, die Mose zur Seite standen. Sie schreiben, Sie hätten ebenfalls 70 Älteste. Wofür stehen sie?
Brudereck: Ich habe mir meine 70 zusammengelesen oder erlebt. Da ist eine Astrid Lindgren dabei, sogar eine Pippi Langstrumpf. Wenn ich an sie denke, inspiriert sie mich, mal ein bisschen komisch zu sein und dann mach ich mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt. Oder auch ein Martin Luther King ist dabei. Er erinnert mich daran, dass es schon andere schwere Situationen gab, in denen Einzelne trotzdem aufgestanden sind. Oder meine verstorbene Mutter, die mir mitgegeben hat: ‚Du bist nie allein‘. Obwohl ich sie vermisse, bin ich dankbar für die Erinnerung und ich spüre ihre Botschaft direkt. Da waren andere vor mir, da sind andere neben mir, andere kommen nach mir. In dieser Bande von Menschen und Figuren steckt wahre Kraft und kann Halt geben.
Die diesjährige Impulspost lautet Ich bin da Trotzdem. Ich liebe den Satz „Ich bin da.“ Ich sage ihn oft zu meinem Sohn, wenn er mal schlecht einschlafen kann. In Exodus 3 kommt er ja auch vor: Gott sprach zu Mose am brennenden Dornbusch „JHWE“.
Brudereck: Ich mag den Text total, weil die Deutung offenbleibt. Manche finden JHWE zu kryptisch. Aber Du kannst dich entscheiden: Gott ist entweder deine große Freiheit, die sagt ‚geh einfach los‘ oder dein enger Begleiter. Für manche ist Gott väterlich, mütterlich oder gar elterlich. Manche sagen Gott ist die schönste Idee überhaupt. Es ist die Kraft die mich schützt vor Überheblichkeit oder Überforderung. Ich sage zum Beispiel gerne „die Ewige“. Trotzkraft ist auch ein schöner Name für Gott. Es ist die trotzige Kraft, die immer wieder sagt: „ich glaub an dich“.
Nach dem Ehrlichsein und dem Erden ist es nun Zeit für Schritt 3: ‚Ja‘ zum Leben zu sagen. Was schlagen Sie vor, sollte ich heute dafür tun?
Gehen Sie mit Ihrem Kind ein Eis essen. Und geben Sie die Trotzkraft damit weiter.
www. trotzdem-unser.de/trotzdem-geschichten/mehr-trotzkraft-fuer-mich.html
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause