Bist du es nicht, HERR, unser Gott, auf den wir hoffen?
Jeremia 14,22
Jeremia klagt über den Zustand seines Landes Israel. Durch eine große Dürre ist es völlig verwüstet. Die Tiere sterben und die Menschen sind gezwungen wegzuziehen und irgendwo im Ausland zu überleben. Die Trostlosigkeit wird noch dadurch verstärkt, dass diese Situation als Strafe Gottes angesehen wird. Israel hatte sich von seinem Gott angewandt und muss nun die katastrophalen Folgen tragen. Keine Hoffnung, nirgendwo.
Und dann taucht der Satz der Tageslosung ganz am Ende der furchtbaren Klage auf. Bist du es nicht, HERR, unser Gott, auf den wir hoffen? Völlige Trostlosigkeit, völlige Hoffnungslosigkeit, kein Ausweg erkennbar. Was bleibt da? Es bleibt dem Menschen nichts anderes übrig als trotzdem einfach auf Gott zu hoffen.
Ich erinnere mich an einen Freund, der an Krebs erkrankt war. Leider war der Krebs erst sehr spät erkannt worden, die Hoffnung und die Aussichten standen nicht gut. Ich erinnere mich an viele Gespräche mit ihm. Teilweise sarkastisch, teilweise sehr ernst. Wir alle spürten, dass der letzte Weg angebrochen war. Und doch konnten wir nicht anders als weiter zu hoffen. Obwohl wir irgendwann den baldigen Tod akzeptiert hatten, konnten wir nicht von der Hoffnung lassen. Und selbst als wir den Tod als Erlösung ansahen, stand neben ihm die Hoffnung. Wie heißt es in einem bekannten Sprichwort: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Ich glaube, es ist diese Hoffnung, die es uns überhaupt möglich macht, mit den kleinen und großen Katstrophen des Lebens fertig zu werden. Wenn es den Keim der Hoffnung nicht geben würde, dann hätte das weitere Leben keinen Sinn mehr.
Guter Vater!
Danke, dass ich hoffen darf gegen alle Vernunft. Amen.
Kleines Kettchen
„Bis morgen", ruft Fredi und rennt die Schultreppe hinunter. Er hat es eilig, denn er hat Hunger. Auch wenn der Magen knurrt, er muss noch einen Umweg machen. Er hat der Mutter verspro
chen, ihr Halskettchen abzuholen, das Onkel Winfried gestern mitgenommen hat, um den Verschluss zu reparieren. „Fast hätte ich das wertvolle Erbstück verloren", hat Mutter gescherzt. „Grüß die Mutter", sagt Onkel Winfried und reicht Fredi eine Plastiktüte, in die er das Kettchen gelegt hat. Fredi nickt und läuft heim. Einen kurzen Stopp macht er am Teich. Er stellt seine Tasche auf die Bank und legt die Tüte daneben. „Kommt, Entchen!", lockt er und wirft Brotreste ins Wasser. Die Tiere schwimmen herbei. Sie schnattern. „Guten Appetit", lacht er und greift seine Schultasche. Die Plastiktüte, die zu Boden gefallen ist, übersieht er.
Zur selben Zeit sagt Lehrer Fröhlich zu seiner Klasse: „Verknickt die Fensterbilder nicht!"
Norbert steckt sein Werk erst gar nicht in die Schultasche, sondern hält es in den Händen. So schlendert er heimwärts. „Welch ein Glück", denkt er, als er an der Bank am Teich vorbeikommt, „dass jemand eine Tüte weggeworfen hat." Er hebt sie auf und steckt sein Fensterbild hinein. Das Kettchen bemerkt er nicht.
Wenig später wirft Fredi seine Schultasche in die Ecke und stellt die Herdplatte an. Mutter hat ihm das Essen vorgekocht, er braucht es nur zu wärmen. Sie kommt erst gegen Abend von der Arbeit. Beim Essen trifft ihn wie ein Blitz der Gedanke: „Wo ist die Plastiktüte, wo das Kettchen?" Zu dieser Zeit schüttet Norbert die Tüte aus. Sein Fensterbild gleitet heraus und dann ein Kettchen. Er nimmt es in die Hand. „Was für Frauen!", denkt er und legt es beiseite. Fredi schiebt das Essen beiseite und saust die Treppe hinunter. „Bei den Enten habe ich die Tüte vergessen", sagt er sich. „Hoffentlich hat sie keiner weggenommen. Hoffentlich!" „Ich werde die Kette zum Antiquitätenhändler bringen", nimmt Norbert sich vor, „sie scheint wertvoll zu sein. Vielleicht bekomme ich so viel, dass ich mir das neue Computerspiel kaufen kann."
Fredi starrt auf die Bank, sucht unter dem Sitz. Die Tüte ist weg und mit ihr das Kettchen. Norbert setzt sich an den Esstisch. Mutter schöpft die Suppe auf. Um ihren Hals trägt sie eine goldene Kette. Sie ist Norbert noch nie aufgefallen. Aber heute bemerkt er sie. „Ob Mutter traurig wäre, wenn sie die Kette verlieren würde?", überlegt er.
Fredi schlurft heimwärts. „Wie soll ich das der Mutter erklären? Das habe ich nicht gewollt! Vielleicht", denkt er, „habe ich Glück und das Kettchen hat jemand gefunden, der es zum Fundbüro bringt." Er eilt heim. Zu Hause zündet er ein Licht zu Ehren des hl. Antonius an.
Hier sind alte Andachten zu finden:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause