Predigt am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres über Römer 14, 7-9
(17.11.2024; Auferstehungskirche, Thema: Verbunden mit Gott)
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde!
7 Niemand von uns lebt für sich selbst und niemand stirbt für sich selbst. 8 Wenn wir leben, leben wir für den Herrn, und wenn wir sterben, sterben wir für den Herrn. Wir gehören dem Herrn im Leben und im Tod. 9 Denn Christus ist gestorben und wieder lebendig geworden, um Herr zu sein über alle, Tote wie Lebende.
Diese Worte höre und sage ich oft: Wir gehören zu Gott im Leben und im Tod. Nichts kann uns von Gott trennen, auch und gerade nicht der Tod. Diese Worte sage ich am Grab. Da, wo wir zusammen von der Kapelle zum Grab gegangen sind, kurz vor dem Vaterunser. Ich sage diese Worte, damit deutlich wird: Niemand verschwindet im Nichts. Keiner geht auf ewig verloren. Ich versuche mit den Worten des Paulus etwas Trost zu spenden – Trost, da wo sonst Traurigkeit und Verzweiflung sind.
Aber bislang haben wir nur die eine Seite dieser Worte betrachtet: niemand stirbt für sich selbst; Sterben für den Herrn. Herr im Tod. Die andere Hälfte haben wir bislang überhört und ich glaube das hat einen Grund. Diese andere Hälfte verlangt Ihnen und mir viel ab. Ja, wenn ich ehrlich bin, dann verlangt die andere Hälfte Ihnen, euch und mir alles ab, ganz und gar!
Dort heißt es: Niemand von uns lebt für sich selbst; leben wir für den Herrn; Herr im Leben.
Ich versuche, diese Sätze in die heutige Sprache zu übertragen:
- Nicht du selbst bist die Mitte deines Lebens
- Du kannst gar nicht anders leben als als Kind Gottes.
- Nicht du bestimmst über dein Leben, sondern Gott.
- Der Herr in deinem Leben ist Gott, nicht du!
Mir wird Paulus hier unangenehm. Was erzählt der für einen Blödsinn? Wenn jemand über mein Leben bestimmen kann, dann ja wohl ich selbst! Ich entscheide, welche Wege ich gehe! Ich entscheide, wie ich mich verhalte! Ich entscheide, wer zu meinem Leben gehört und wer nicht! Das wäre ja noch schöner! Ich denke, fast alle würden so darüber denken, so darauf reagieren, wenn ihnen jemand die Hoheit über das eigene Leben absprechen würde. Ich entschiede selbst!
Dann gehen wir doch einfach mal langsamer vor. Vielleicht ernten wir dann nicht so viel Widerstand bei uns und bei anderen.
Als Christinnen und Christen glauben wir daran, dass wir alle von Gott bewusst ins Leben gerufen worden sind. In einem Lied heißt es: „Vergiss es nie: Dass du lebst war eines anderen Idee und dass du atmest sein Geschenk an dich. Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur. Du bist du. Du bist der Clou!“
Als Christinnen und Christen glauben wir daran, dass Gott seinen Sohn aus dem Tod herausgeholt hat. Seit Ostern hat der Tod den Kampf mit Gott verloren. Wir glauben daran, dass Jesus der Herr über Tod und Leben ist.
Als Christinnen und Christen glauben wir daran, dass die Spanne unseres Lebens in Gottes Hand liegt. Das zu akzeptieren fällt uns leicht, wenn jemand mit 93 Jahren verstirbt. Wenn aber jemand jung stirbt oder sehr tragisch, dann fällt es uns schwer, dies zu akzeptieren.
Wir als Christinnen und Christen glauben daran, dass Gott unser Leben begleitet. Sichtbares Zeichen für diese Begleitung durch Gott ist die Taufe. In ihr verspricht Gott: Ich bin bei dir alle Tage deines Lebens. Im Taufgespräch versuche ich den Eltern zu erklären, dass dies für ihr Kind auch dann gilt, wenn es das gar nicht wolle, vielleicht später mal auf dem Weg zum Mars sei oder selber zum Schmutzpuckel geworden ist. „Ich bin bei dir bis an das Ende aller Tage.“
Als Christinnen und Christen vertrauen wir darauf, dass es niemanden gibt, der stärker ist als Gott. Die Bibel erzählt uns von Dämonen, von Anfechtungen, vom Teufel, vom Kampf des Bösen gegen das Gute. Sie erzählt, dass wir in Gottes Armen sicher sind wie in einer Burg, beschützt und geborgen. Und so ist Gott der Herr über alles, was existiert. Wenn er nicht der Mächtigste und Kräftigste wäre, dann könnte uns vielleicht angst und bange werden – so aber nicht.
Wir als Christinne und Christen hoffen auf ein Leben nach dem Tod. Christus ist unser Vorbild. Gott hat in seiner Auferstehung den Sieg des Lebens bestimmt. Und in der Nachfolge Jesu Christi hoffen auch wir auf unsere Auferstehung. Wir hoffen darauf, die Menschen zu sehen, die vor uns gegangen sind. Wir hoffen auf ein Leben nach dem Tod.
Zählen wir doch mal zusammen:
- Gott hat mich ins Leben gerufen
- Durch seine Auferstehung ist Jesus Herr über Leben und Tod
- Es gibt nichts Mächtigeres als Gott
- Ich glaube an ein Leben nach dem Tod
- Ich werde immer von Gott begleitet
- Die Spanne meines Lebens liegt nicht in meiner Hand.
Ich glaube, Paulus hat einfach nur eine andere Sprache: 7 Niemand von uns lebt für sich selbst und niemand stirbt für sich selbst. 8 Wenn wir leben, leben wir für den Herrn, und wenn wir sterben, sterben wir für den Herrn. Wir gehören dem Herrn im Leben und im Tod. 9 Denn Christus ist gestorben und wieder lebendig geworden, um Herr zu sein über alle, Tote wie Lebende.
Ich entscheide selbst! Das ist heute das Maß aller Dinge. Ja, wir können uns entscheiden, diese Freiheit hat uns Gott geschenkt. Wir können uns sogar gegen Gott entscheiden. „Ich gehe alleine, ich brauche Gott nicht!“ Das kannst du gerne tun und doch bleibst du Kind Gottes, begleitet und geliebt. Ändern tust du nichts, außer dass du es dir schwerer machst. Du kannst dich nicht in Gottes Hände fallen lassen. Du musst immer selbst klug sein. Du musst dir deinen Trost selber suchen obwohl er doch so nach sein könnte. Fast möchte man diesem Menschen zurufen: Mache es dir doch nicht so schwer. Mehr Freiheit als als Gottes Kind bekommst du nie.
Heute begehen wir den Volkstrauertag. Wir erinnern uns an die eigenen Kriege, die eigenen Toten. Wir sehen aber auch auf die Kriege, die jetzt sind. Wir sehen auf die Menschen, die heute sterben. Damals wie heute hasten große schreiende Botschaften durch die Welt. Damals war es: „An deutschem Wesen soll die Welt genesen.“ Und es begann ein Krieg mit über 40 Millionen Toten. Auch heute schreit es: Saudi-Arabien gegen Iran. Weg mit Israel, Weg mit den Palästinensern. Und der allergrößte Schreihals ist gerade zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden. Es wird nach einem großrussischen Reich geschrien und China gebärt sich mit lautem Getöse als die neue Weltmacht, der sich alle unterzuordnen haben. Die ganze Welt schreit: „Ich bin wichtig.“
Allem, was sich aufplustert, groß aufpumpt und laut schreit: Ich bin das Wichtigste! An mir kommst du nicht vorbei. Alle dem könne wir ganz gelassen sagen: „Ich bin Gottes geliebtes Kind.“ Das ist das Wichtigste!
Dass wir in allem, auch im Leben und Sterben Gottes Kind sind, das erzählt auf eine ganz anrührende Weise eine kleine Geschichte:
Zuhause beten
Ein Pfarrer besuchte einen Kranken in seiner Wohnung und bemerkte einen leeren Stuhl an der Seite des Bettes und fragte, warum er dort stünde. Der Kranke antwortete: "Ich hatte Jesus eingeladen, auf diesem Stuhl Platz zu nehmen, und sprach mit ihm, bevor Sie kamen. Jahrelang fiel es mir schwer zu beten, bis mir ein Freund erklärte, dass Gebet ein Gespräch mit Jesus sei. Er riet mir, einen leeren Stuhl neben mich zu stellen und mir vorzustellen, Jesus säße darauf. Ich solle mit Jesus sprechen und seinen Worten zuhören. Seitdem habe ich keine Schwierigkeiten mehr beim Gebet."
Einige Tage später kam die Tochter des Kranken zum Pfarrer und brachte ihm die Nachricht, dass ihr Vater gestorben sei. Sie sagte: "Ich ließ ihn ein paar Stunden lang allein. Er schien so friedlich zu sein. Als ich ins Zimmer zurückkehrte, war er tot. Etwas Eigentümliches habe ich jedoch bemerkt: Sein Kopf lag nicht auf dem Bett, sondern auf dem Stuhl neben seinem Bett." Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause