Predigt an Kantate über Offenbarung 15, 2-4
(28.4.2024; Auferstehungskirche, Thema: Wir haben Grund, Gott zu danken)
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde!
Hören wir auf den Predigttext aus dem Buch der Offenbarung:
Ich sah etwas wie ein gläsernes Meer, das mit Feuer vermischt war. Auf diesem Meer sah ich alle die stehen, die den Sieg über das Tier erlangt hatten und über sein Standbild und die Zahl seines Namens. Sie hielten himmlische Harfen in den Händen. 3 Sie sangen ein Lied, das das Siegeslied Moses, des Bevollmächtigten Gottes, noch weit überbietet, das Siegeslied des Lammes: »Herr, unser Gott, du Herrscher der ganzen Welt, wie groß und wunderbar sind deine Taten! In allem, was du planst und ausführst, bist du vollkommen und gerecht, du König über alle Völker! 4 Wer wollte dich, Herr, nicht fürchten und deinem Namen keine Ehre erweisen? Du allein bist heilig. Alle Völker werden kommen und sich vor dir niederwerfen; denn deine gerechten Taten sind nun für alle offenbar geworden.«
Immer schon wurde als Zeichen der Freude gesungen. Auch im Buch der Offenbarung wird dies beschrieben. Nach dem Sieg über den Teufel wird gesungen und Gott laut gepriesen. Auch von anderen Liedern der Freude berichtet die Bibel. Das Volk Israel hat es gesungen, als seine Gefangenschaft in Babylon zu Ende war und es wieder heimkehren durfte an den "Zion", den Tempelberg in Jerusalem. Diese Menschen wussten, von wem ihre Rettung herkam. Sie hatten schlimme Jahre hinter sich. Es waren nur noch wenige von denen übrig geblieben, die einmal nach Babylon verschleppt worden waren. Aber sie wussten, dass der Gott, der die Strafe über sie verhängt hatte, sie in all dieser Zeit nie verlassen hatte und sie ihm die Rückkehr in die Heimat verdankten. Darum sangen sie ihr Lied: "Danket dem HERRN, rufet an seinen Namen! Machet kund unter den Völkern sein Tun. Jauchze und rühme, du Tochter Zion!" Und dieses Lied brach aus ihnen heraus, obwohl sie doch so viel Schlimmes erlebt hatten.
Mir kam dabei in den Sinn, wie wenig wir doch Gott mit unserer Stimme loben und rühmen. Aber sind unsere Voraussetzungen dazu denn nicht viel besser? Wir leben in Freiheit und im Wohlstand. Keiner muss Not leiden. Keiner hat zu wenig. Mit vielen Talenten sind wir beschenkt. Viele Gaben hat Gott uns mitgegeben. Meist haben wir eine Familie um uns und Menschen, die uns lieben.
Aber wo ist unser Lied? Wo hört man unsere Stimme: Danket dem Herrn, jauchzet, rühmet...?
Sicher denken wir jetzt an den Gottesdienst, zu dem wir ja gerade versammelt sind. Haben wir nicht vorhin schon gesungen und werden es auch nachher noch tun? Und die Lieder sind ja heute rechte Lob- und Danklieder!
Ich glaube, wir spüren das alle: Hier geht es um ein anderes Loben, eines aus dem eigenen vollen Herzen, ein persönliches - nicht eines, das wir gemeinsam vollbringen, weil es heute dran ist und wir die Nummer des entsprechenden Lobliedes an der Liedanzeige ablesen. Wie sieht es mit diesem "spontanen" Rühmen aus bei uns? Wo singen wir aus vollem Herzen unseren Dank? Wann loben wir Gott, wann jauchzen wir ich?
Ach, sie können nicht singen? – Ich weiß, dass denken viele von sich selbst.
Und meist stimmt es gar nicht. Singen kann wirklich jede und jeder. Sie können doch auch sprechen! Ich denke, es muss keine glasklare und lupenreine Melodie sein, die aus unserem Mund kommt.
Sie haben Hemmungen, dann wenn ihnen so ist - am Ende unter vielen Menschen! - laut Gott zu rühmen und ihm zu danken?
Auch hier gibt es andere Möglichkeiten, die nicht minder gut sind und schön und Gott genauso erfreuen!
Unser Gebet am Morgen und am Abend ist eine solche Gelegenheit, Gott zu preisen! Und sagen sie jetzt nicht, aber diese Tagesgebete verrichten sie doch schon so lange sie denken können! Ich will jetzt gewiss nicht ihr Gebet und die Art, wie sie es halten, herunterziehen. Aber hören sie das nächste Mal, wenn sie beten, doch einmal ganz genau hin: Was überwiegt, Danken oder Bitten, Lob oder Wünschen? Und ist das Rühmen wirklich angemessen? Kommt es aus einem erfüllten Herzen, aus einem dankbaren, frohen Gemüt?
Daran können sie ja nichts ändern? Gefühle oder eine Seele, die übervoll ist vor Freude, können wir doch nicht machen! –
"Machen" vielleicht nicht, aber wir können etwas dafür tun, dass solche Gefühle bei uns aufkommen und unser Herz von Freude voll wird! - Wie das geht? Vielleicht so:
Betrachten wir einmal heute Morgen, wie unser Tag verlaufen ist. Wir konnten am Morgen aufstehen, unsere Beine und Hände gebrauchen. Heute haben wir ein Frühstück gehabt und Menschen im Haus oder später unterwegs zur Kirche gesehen und getroffen, die uns freundlich begrüßt haben. Wir konnten den Gottesdienst besuchen, hören das gute Wort Gottes, erfahren die Gemeinschaft mit anderen und können ein paar gute Gedanken mitnehmen
Vielleicht hat es ja auch ein besonderes Sonntagsfrühstück gegeben. Und zudem konnten wir schon den Chor im Gottesdienst erleben. Könnten wir heute also nicht sagen: Es war bis jetzt ein schöner Tag? Und müssen wir nicht sagen: Gott hat diesen Tag geschenkt? Oder war das alles dann selbstverständlich und nicht wirklich des Dankens und des Lobsingens wert?
Oder schauen wir auf die vergangene Woche. Bei uns allen wird sie sehr unterschiedlich verlaufen sein. Aber wir sind gesund geblieben. Wir konnten unsere Arbeit tun. Wir hatten Kontakte zu anderen, haben Beziehungen neu aufgenommen und die alten gepflegt, es gab Gespräche und den Austausch von Hilfe und Freundlichkeit hin und her. Wir hatten zu essen und zu trinken. Sogar schöne Stunden der Freude und des Glücks hat es gegeben. - Sehen wir das alles gar nicht mehr? Es könnte doch auch anders gewesen sein! Gewiss war die Woche von vielen Menschen in der Welt und in unserer Nähe nicht so gut wie unsere. Aber loben wir Gott dafür? Singen wir ihm, Rühmen wir seinen Namen?
Und auch unser ganzes Leben bis heute verdient einen solchen prüfenden Blick: Müssen sie nicht auch oft staunen, wie manches so gut ausging, was erst so böse aussah? "Gott schreibt auf krummen Zeilen gerade", habe ich einmal gelesen. Haben wir das nicht auch schon oft erlebt in unseren Jahren? Und schon dies ist doch wunderbar und gar nicht so selbstverständlich, wie wir es oft hinnehmen:
Wir sind im Wohlstand geboren oder dürfen doch schon lange im Wohlstand leben. Wir konnten eine Schule besuchen, haben etwas gelernt und bei unserer Arbeit immer wieder Erfüllung und Sinn erfahren. Gott hat uns mit Angehörigen gesegnet, mit einem Partner, einer Partnerin, mit Kindern, Enkeln... Wir dürfen die Liebe der Mitmenschen genießen und ihnen auch unsere Liebe schenken. Wir haben Freunde, gute Nachbarn, auf die wir uns verlassen können. Und wir dürfen selbst solche Freunde und Freundinnen, Nachbarinnen und Nachbarn sein, die anderen beistehen, ihnen raten, für sie wichtig sind und verlässlich. Und jede und jeder von uns könnte hier gewiss noch ganz persönliche Erlebnisse beisteuern, die nicht von ungefähr kamen, sondern von Gott, der es gut mit uns meint! - Aber ist unsere Antwort angemessen? Sind wir beseelt von Dankbarkeit und Freude? Hört Gott unsere Stimme, dass wir ihm singen, ihn rühmen, ihm unseren Dank sagen?
Ganz sicher denken wir jetzt alle: Das ist wahr. Wir danken zu wenig. Wir nehmen alles viel zu selbstverständlich hin - und es ist doch alles gar nicht selbstverständlich! Ja, so werden wir jetzt denken. Aber wie lange? Wird uns das auch nur bis heute Abend im Gedächtnis bleiben? Werden wir uns sogar noch morgen daran erinnern, dass wir Gott gegenüber dankbarer werden wollten? Sollte uns das gar von heute an tägliche Übung werden, Gott angemessen zu loben und ihn - vielleicht wirklich mit unserem Lied - zu preisen? - Wir müssten etwas mitnehmen können von heute, etwas, an das wir unsere Erinnerung knüpfen, was wir nicht so schnell vergessen.
Liebe Gemeinde, sie kennen sicher den ein Brauch, sich einen Knoten ins Taschentuch zu machen, wenn man etwas nicht vergessen will. Vielleicht ist ihnen auch schon eine Weile nach einer solchen "Erinnerungshilfe" ihr Taschentuch wieder in die Hand gekommen und sie haben sich daran erinnert, warum sie diesen Knoten gemacht haben. Bitte nehmen Sie, nehmt ihr nach dem Gottesdienst ein solches Taschentuch mit und am besten dahin legen, wo man sich oft aufhält.
Nun wünsche ich ihnen, dass sie diesen "Knoten im Taschentuch" auch wirklich mitnehmen und sich behalten können, was er sagen wollte. Vielleicht denken sie heute Abend noch daran. Und er erinnert sie: Ich wollte dankbarer werden, Gott täglich loben, ihm singen, wenigstens in meinem Herzen, ihn rühmen für alle seine Taten an mir! Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause