Predigt am Gemeindefest über Matthäus 6, 24ff
(15.9.2024; Auferstehungskirche, Thema: „Nicht in den Sorgen aufgehen“)
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde!
Wir haben gerade eben von den Sorgen der Menschen gehört. Sorgen, die zum Alltag dazu gehören. Doch manchmal werden die Sorgen so groß, dass sie das ganze Leben beeinträchtigen. Dann lasten sie auf unseren Schultern und beschweren uns. Sie sind dann wie ein Rucksack, den wir tagein und tagaus mit uns schleppen. Sie gehören dann wie selbstverständlich zu unserem Leben. Deswegen ist es dann notwendig, dass jemand von außen kommt und davon erzählt, wie wir gut mit unseren Sorgen umgehen können.
Daher möchte ich Ihnen und euch ein Märchen erzählen. Der Titel des Märchens heißt: „Blumenweisheit".
„Es war einmal ein Mann, der machte sich viele Sorgen. Er machte sich Sorgen um die Arbeitsstelle. Das Auto war alt, hoffentlich kamen jetzt keine so teuren Reparaturen. Und als er dann so richtig ins Grübeln gekommen war, fand er noch viel mehr Dinge, über die er sich Sorgen machte: Die Kinder brachten nicht immer gute Noten nach Hause. Hoffentlich würden sie trotzdem ihren Weg finden. Die Versicherungssumme hatte er nicht rechtzeitig bezahlt. Hoffentlich würde nichts passieren. Seit zwei Tagen hatte er Husten. Hoffentlich ist es nichts Schlimmes. Und, und, und...
Der Mann konnte kaum noch denken vor Sorgen. Er dachte sich: „Bevor ich jetzt vor Sorgen verrückt werde, gehe ich lieber spazieren. Vielleicht lenkt mich das etwas ab. " Aber als er draußen war, fingen die Gedanken in seinem Kopf wieder an zu kreisen.
Auf einmal sah er eine kleine Blume, die sich mitten auf dem Weg ihren Lebensraum erkämpft hatte. „Bei den vielen Spaziergängern wird sie bestimmt bald zertreten" dachte er. Also grub er die kleine Blume vorsichtig aus und wollte sie gerade am Wegrand wieder einpflanzen. Auf einmal hörte ein Geräusch wie ein erleichtertes Seufzen. Er drehte sich überrascht um und blickte herum. Aber er sah niemanden.
Dann aber hörte er eine kleine Stimme: „Danke." Überrascht guckte er auf die Blume in seiner Hand, „Jetzt mache ich mir so viele Sorgen, dass ich sogar schon Blumen reden höre ", dachte er. „ Glaubst du denn, nur Menschen können sprechen? Wir Blumen können das auch", sagte die kleine Blume in seiner Hand. „Ich danke dir, dass du mich vom Weg ausgegraben hast." — Die kleine Blume zögerte. „Sag mal, du siehst aber traurig aus. Was ist denn los mit dir? "
Da schüttete der Mann sein ganzes Herz aus und erzählte der kleinen Blume von allen seinen Sorgen, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gingen.
Die kleine Blume hörte lange aufmerksam zu. Als der Mann zu Ende erzählt hatte, sagte die kleine Blume zu ihm: „Vor langer Zeit hat Jesus, der Sohn Gottes einmal uns Blumen als Beispiel dafür genommen, was es mit den Sorgen der Menschen auf sich hat. Wenn du willst sage ich dir, was er gesagt hat. " Der Mann nickte.
Jesus sagte: Macht euch keine Sorgen um euer Leben, ob ihr etwas zu essen oder zu trinken habt. Und macht euch keine Sorgen um euren Leib, ob ihr etwas anzuziehen habt. Das Leben ist mehr als Essen und Trinken und euer Leib ist mehr als die Kleidung.
Seht euch die Vögel an. Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte, aber euer Vater im Himmel sorgt für sie. Und ihr seid doch viel mehr wert als Vögel. Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern? Und warum macht ihr euch Sorgen um das, was ihr anziehen sollt? Seht, wie die Blumen auf den Feldern wachsen. Sie arbeiten nicht und machen sich keine Kleider. Doch ich sage euch: Nicht einmal Salomo war so prächtig gekleidet wie eine von ihnen. Wenn Gott sogar die Feldblumen so ausstattet, die heute blühen und morgen verbrannt werden, wird er sich dann erst nicht um euch kümmern? Habt ihr so wenig Vertrauen? Also macht euch keine Sorgen, euer Vater im Himmel weiß, dass ihr all das braucht."
Die kleine Blume hörte auf zu reden. Sie hob ihren Kopf zur Sonne. Lange Zeit schwieg der Mann. Dann sagte er: „Liebe Blume! Die Worte Jesu sind wunderschön. Aber sie sind zu schön, um wahr zu sein. Ich glaube nicht, dass ich das kann - einfach frei von Sorgen zu sein. —— Außerdem haben doch alle Menschen Sorgen - Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Ältere. Die Sorgen gehören doch immer zum Leben dazu. Ich finde es nicht hilfreich, wenn Jesus sagt: 'Macht euch keine Sorgen.' Der hat gut reden. "
Die kleine Blume sah den Mann an. „Ihr Menschen macht euch das Leben manchmal richtig kompliziert. Jesus hat mit seinen Sätzen nicht gemeint: Sei sorglos und lebe einfach in den Tag hinein. Auch Jesus wusste, dass die Sorgen zum Leben dazu gehören. Denn viele Menschen sind immer wieder zu ihm gekommen und haben ihm von ihren Sorgen erzählt. Jesus aber meinte, dass die Sorgen die Menschen und alle Geschöpfe nicht beherrschen sollen, dass sie nicht in der Mitte des Lebens stehen sollen. "
„ Wie meinst du das?"
„Also, ich erzähle dir mal von mir. Denn auch im Leben einer kleinen Blume gibt es viele Sorgen. Zuerst musste ich ganz schön kämpfen. Damit ich überhaupt hier auf dem Weg Wurzeln schlagen konnte. Und dann hatte ich ganz schön Angst vor Kaninchen, die mich anknabbern. Und ich hatte auch Sorge, dass jemand auf mich drauftritt, weil er mich nicht sieht. "
,, Und was ist nun bei dir anders als bei mir? fragte der Mann.
„Meine Sorgen haben mich nicht erdrückt. Denn ich habe sie ein Stück weit abgegeben. "
„ Wem hast du sie denn gegeben?"
„Ich habe sie Gott gegeben, indem ich sie ihm erzählt habe. Und dann ging es mir schon etwas besser. — Außerdem habe ich gelernt, dass Sorgen nur ein Teil des Lebens sind — und ich habe angefangen, das Leben mehr zu genießen. Denn Gott sorgt prächtig für mich.
Er schickt mir Sonne zum Wachsen, Regen gegen den Durst, Wind gegen den Staub, die Erde zum Fest-stehen, Bienen, Schmetterlinge, schöne Wolken, und, und, und... Und ganz oft freue ich mich an den Dingen, die Gott für mich tut. —— Für dich sorgt Gott doch auch. Das ist doch das Wichtigste. Nimm doch deine Sorgen nicht so furchtbar ernst."
Der Mann sah die kleine Blume nachdenklich an. „Du meinst - die Sorgen sollen nicht mein ganzes Leben ausmachen?"
„Ja. Überlege doch mal wie viel Kraft und Freude du hast, wenn du deine Sorgen nicht in die Mitte deines Lebens stellst. Das heißt ja nicht, dass du nichts mehr gegen Dinge tust, die dich belasten. Aber es heißt, mit viel Vertrauen und Freude zu leben und zu sehen, wie gut Gott für dich sorgt. Denn du kannst niemals tiefer fallen als in die Hände Gottes."
Ein ganz kleines Lächeln huschte über das Gesicht des Mannes. Leise sagte er zu der Blume: „ Gut, dass ich dich getroffen habe. Du bist einfach toll."
„Ich weiß" sagte die kleine Blume selbstbewusst.
„Das war wie eine Predigt", sagte der Mann. — Die kleine Blume aber sagte nun nichts mehr. Sie war der Meinung, dass alles gesagt war - hielt ihren Kopf in die Sonne und blinzelte ein wenig. Der Mann sah die Blume noch einmal an. Dann pflanzte er sie ganz vorsichtig in den Boden neben den Weg.
Kopfschüttelnd und schmunzelnd ging er nach Hause und dachte: Da erzählt mir ausgerechnet eine Blume, wie sehr sich Gott um mich kümmert ... Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause