Predigt am 4. Advent über 2. Korinther 1, 18-22
(21.12.2025; Auferstehungskirche, Thema: Gott sagt Ja und wir vertrauen ihm)
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde!
Heute brennen vier Kerzen am Adventskranz. Die Adventszeit ist fast zu Ende. Es sind die letzten Tage vor Weihnachten. Und manche sagen: Endlich! Endlich kommt das Fest, denn ich habe es lange erwartet. Es bringt Licht in die dunkle Jahreszeit und die dunklen Momente des Lebens. Während andere sagen: Gut, dass das Fest nun kommt, dann hört der Stress der Vorbereitungen endlich auf.
Der Advent ist eine Zeit der Erwartung und der Vorbereitung auf Weihnachten. Viele wünschen sich Besinnlichkeit und Ruhe – und erleben dann doch oft das Gegenteil. Denn der Alltag mit seinen Sorgen lässt sich nicht so einfach ausschalten. Und dann sind da natürlich auch noch Zweifel: Was soll mir denn Weihnachten bringen? Wird dieses Fest, in dem der Friede so wichtig ist, in dieser friedlosen Welt überhaupt eine Wirkung haben?
Darüber hinaus gibt es ja auch noch die persönlichen Fragen, die man nicht einfach abstellen kann. Zum Beispiel: Ein Mensch, der seit Monaten auf eine medizinische Diagnose wartet, fragt sich: Wird es gut ausgehen? Eine Familie, die in wirtschaftlicher Not lebt, fragt sich: Wie lange können wir das noch durchhalten? Menschen, die Krieg und Vertreibung erlebt haben – auch hier bei uns in Europa – fragen sich: Ist irgendwo für uns noch ein Ort der Sicherheit?
Und dann kommen die Zweifel. Und manch einer fragt sich: Gilt Gottes Wort? Ist es wirklich verlässlich? Ist da ein echtes „Ja“? Oder ist der Glaube nur ein schönes Ritual und am Ende doch nur wie Lametta am Baum: außen glänzend, innen aber hohl? Wie verlässlich ist der Glaube? Dazu hören wir einen Text von Paulus, der sich mit genau dieser Frage auseinandersetzt.
Gott ist mein Zeuge: Kein Wort, das ich euch sage, ist Ja und Nein zugleich! 19 Denn Jesus Christus, der Sohn Gottes, den Silvanus, Timotheus und ich bei euch verkündet haben, war nicht Ja und Nein zugleich. In ihm ist das reine Ja Wirklichkeit geworden. 20 Mit ihm sagt Gott Ja zu allen seinen Zusagen. Von ihm gedrängt und ermächtigt sprechen wir darum auch das Amen zur Ehre Gottes. 21 Gott hat uns zusammen mit euch auf diesen festen Grund gestellt: auf Christus. Er hat uns gesalbt 22 und uns sein Siegel aufgedrückt. Er hat seinen Geist in unser Herz gegeben als Anzahlung auf das ewige Leben, das er uns schenken will.
Wie verlässlich ist der Glaube? In der Gemeinde in Korinth ist genau das das Thema. Sie wartete auf Paulus, denn er hatte sich angekündigt, war dann aber trotzdem nicht gekommen. Sein Advent, seine Ankunft, hat nicht stattgefunden, aus „organisatorischen Gründen“, so wie man es heute bei einer Absage formulieren würde. Diese Absage ist nicht gut angekommen: Die Glaubwürdigkeit des Paulus wurde angezweifelt. Manche sagten: „Auf ihn kann man sich nicht verlassen. Er sagt Ja und meint Nein.“ Und wenn der Apostel nicht verlässlich ist, wie steht es dann um das, was er über Gott gesagt hat?
Paulus nimmt diese Kritik ernst und macht einen entscheidenden Schritt: Er lenkt den Blick weg von sich und hin zu Gott. Nicht er, Paulus, ist das Maß aller Dinge, sondern Gott. „Gott ist treu“, sagt er. „Unser Wort an euch war nicht Ja und Nein.“ Mit anderen Worten: Gottes Botschaft ist nicht doppeldeutig, kein wackeliges Versprechen, kein theologisches „Vielleicht“. Sondern: ein klares, starkes, gültiges „Ja“. Ein Ja, das in Jesus Christus sichtbar wurde.
Das ist das Zentrum des Evangeliums – und die tiefste Bedeutung von Weihnachten: Jesus ist Gottes Ja. Kein „Ja, aber...“, kein „Ja, nur wenn du genug glaubst...“ Er ist ein echtes, verbindliches Ja – mitten in einer Welt, die oft genug „Nein“ sagt zu den Menschen: zu ihrem Wert, zu ihrem Lebensrecht.
Ich stelle mir eine Welt vor, in der das Ja Gottes Wirklichkeit wird. Das Ja zum Menschen und zu seinem Wert, seinen Bedürfnissen. Es wäre eine Welt ohne Krieg, ohne Hunger, ohne Machtmissbrauch und ohne Hass, dafür voller Frieden, Gerechtigkeit und Nächstenliebe. Was wäre das für eine Welt! Wenn es kein Nein mehr zu einem Menschen gäbe wegen seiner Hautfarbe, seinem Geschlecht oder seiner Religion. Weihnachten weckt die Sehnsucht auf das, was wir den Rest des Jahres über als Utopie bezeichnen würden.
Daran schließt die Erzählung von der Geburt Jesu direkt an: Gott sagt Ja zu Maria, die ihm vertraut. Er sagt Ja zu den Hirten, die sonst keiner beachtet. Er sagt es auch zu den Heiden aus dem Osten, die die Nähe Gottes suchen und Geschenke bringen. Gott sagt Ja zu einer Welt, die ihn vergessen hat – und kommt genau dorthin, wo niemand mit ihm rechnet. Und dieses Ja Gottes geht schlicht weiter. Gott sagt immer noch Ja, Ja zu dir, Ja zu Ihnen, Ja zu mir. Jetzt und heute.
Was machen wir nun mit diesem Ja Gottes? Wie antworten wir denn darauf? Da ist die ältere Frau, die im Krankenhaus liegt. Die Prognose ist unklar. Die Ärzte tun, was sie können. Ihre Tochter sitzt an ihrem Bett, hält ihre Hand, betet leise. Am Ende sagt sie: „Amen.“ Nicht, weil sie alles versteht, sondern weil sie sagt: „Ich halte mich an Gott fest. Ich vertraue ihm.“
Gottes Ja will unser Vertrauen. In der Beziehung, wenn es schwer wird: „Ich vertraue.“ In der Erziehung, wenn Kinder sich entfernen: „Ich vertraue“, du hast sie losgelassen. In der Gemeinde, wenn wir nicht wissen, wie es weitergeht: „Ich vertraue“. Wenn wir als Gemeinde zusammenkommen, sprechen wir gemeinsam „Wir vertrauen“. Das verbindet uns – auch bei allen Unterschieden, die wir haben.
Wenn wir diesen Gottesdienst wieder verlassen und jede und jeder den eigenen Weg weitergeht, dann ist die Frage, wie das Ja Gottes zu uns wirksam bleibt. Wie schaffen wir es, dass wir uns selber daran erinnern und gestärkt werden? Und da hat Paulus vier Punkte genannt:
Erstens: Festmachen. Gott gibt uns Halt. Zweitens: Salben. In der Bibel werden Könige und Propheten gesalbt. Wir stehen ihnen als Zeuginnen und Zeugen des Glaubens nicht nach. Drittens: Versiegeln. Wer etwas versiegelt, macht es verbindlich. Das gilt! Gott hat seinen Namen auf unser Leben geschrieben. Viertens: Der Heilige Geist als Unterpfand. Der Geist Gottes erinnert uns daran, dass wir zu ihm gehören – heute schon.
Liebe Gemeinde, in wenigen Tagen ist Weihnachten. Viele werden singen: „O du fröhliche“ und „Stille Nacht, heilige Nacht.“ Der Weihnachtsbaum wird leuchten, Menschen wünschen sich gegenseitig „Friede sei mit dir“ und „Frohe Weihnachten“. Das alles ist gute Tradition, ich schätze das sehr. Aber in Verbindung mit diesem Text aus dem Korintherbrief wird noch einmal besonders deutlich: Der tiefste Grund für all das ist dieser: Gott hat Ja gesagt. Nicht nur zur Welt allgemein, sondern zu dir. Nicht, weil du perfekt bist, sondern weil Gott treu ist. Nicht, weil du immer perfekt glaubst, sondern weil er dich liebt.
Und dieses Ja gilt nicht nur zu Weihnachten, sondern auch im neuen Jahr. Auch in Krankheit, auch im Zweifel, auch in der durchwachten Nacht. Und es wartet auf eine Antwort: dein Vertrauen. Vielleicht leise. Vielleicht zaghaft. Vielleicht mit Tränen. Aber echt. Und so wird Weihnachten mehr als ein Fest. Es wird zur Lebenswende: Gott sagt Ja – und wir sagen Amen. Heute, morgen, an Weihnachten – für immer.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.
Ein besonderes Geschenk
In einem kleinen Dorf lebte einst ein Schneider. Einmal wird der Schneider mitten in der Nacht munter. Er runzelt die Stirn. Eigenartig, in seiner kleinen Schlafstube ist es hell wie am Tag. Der Schneider schaut zum Fenster. Draußen ist es stockdunkel, wie es sich gehört, wenn es mitten in der Nacht ist. Trotzdem ist es in der Stube hell.
„Das ist kein normales Licht“, denkt der Schneider. Als er in das Licht blickt, erkennt er eine helle Gestalt. Der Schneider erschrickt, weiß aber sofort: „Vor dieser Gestalt brauche ich keine Angst haben.“ Die Gestalt ist gut, spürt der Schneider.
Und er fühlt eine warme freundliche Stimme, die zu ihm sagt: „Ich bin ein Engel, ein Bote Gottes. Er sendet mich, weil er Dir ein Geschenk machen will. Es ist sehr, sehr wertvoll und du musst es gut behüten.“ Dann verschwindet die Gestalt langsam und der Schneider schläft selig lächelnd wieder ein.
Als der Schneider in der Früh munter wird, lächelt er immer noch. „Gott war bei mir“ denkt er mit einem wohligen Seufzen.
„Ein Geschenk für mich? So wichtig bin ich doch nicht“
„Gott? Bei mir? Und ein Geschenk soll ich bekommen?“ Der Schneider runzelt die Stirn, „das kann nicht sein, so wichtig bin ich doch nicht. Immerhin es war ein schöner Traum.“ Der Schneider springt aus dem Bett, wie er es jeden Tag tut um den neuen Tag zu begrüßen. Dann fällt ihm ein, was heute alles zu tun ist und voll Freude über seine Arbeit saust der Schneider Richtung Badezimmer und … wäre beinahe der Länge nach hingefallen.
„Was ist denn das?“ Der Schneider reibt sich die Augen. Da liegt doch was. Gestern war das noch nicht da. „Ob das…“ Ganz aufgeregt pocht jetzt das Herz des Schneiders. Das Geschenk des lieben Gottes, ja das muss es sein: das Geschenk des lieben Gottes.
Der Schneider jauchzt und tanzt: „Gott war bei mir, Gott war bei mir er hat mir etwas geschenkt, Gott war da.“ Der Schneider drückt das Geschenk an seine Brust, singt, tanzt, springt und weiß vor lauter Freude gar nicht, was er tut. Er wirft das Geschenk in die Luft, dreht sich, klatscht, jauchzt, fängt es wieder und wirft es wieder in die Luft. „Hurra, Gott war da.“
„Oh“, jetzt wird der Schneider ein klein wenig blass, „der Engel hat doch gesagt das Geschenk ist wertvoll und, und ich soll gut aufpassen. Und Du schmeißt mit dem Geschenk so herum, wenn es nun herunter fällt?“ schimpft der Schneider mit sich und muss gleich wieder lachen.
Vorsichtig legt der Schneider das Geschenk auf den Boden. Auf den Boden? Nein, das geht nicht. Feierlich trägt es der Schneider zu seinem Bett und legt es auf den Kopfpolster. Hier kann nichts passieren.
Dann saust er zu seinem Kasten und holt sein bestes Gewand hervor. Das zieht er sonst nur zu Weihnachten und Ostern an. Heute ist für den Schneider Weihnachten und Ostern zugleich. Dann steckt er das Geschenk vorsichtig ein. Mit hocherhobenem Kopf, die Nase fest in den Himmel gestreckt stolziert der Schneider in seinem Frack aus dem Haus.
„Ja Schneider, was ist denn mit Dir passiert“, die Blumenfrau an der Ecke lacht über das ganze Gesicht, „Du hast dich ja fein herausgeputzt. Und die Nase gar so hoch, als ob der König selbst bei Dir einen Rock bestellt hätte.“
„Ach geh, der König“, der Schneider schaut von oben herab auf die Blumenfrau, „viel besser oder viel höher“, dabei macht er eine würdige Verbeugung zum Himmel hinauf. Ja, der Schneider weiß was sich gehört wenn man ein Geschenk des lieben Gottes hat. Da muss man schon würdig tun.
„Heute habe ich hohen Besuch gehabt, ein Engel hat mir ein Geschenk vom lieben Gott gebracht. Gell, da schaust?“ „Ja, da schau ich wirklich.“ Die Blumenfrau lächelt den Schneider spöttisch an. Sie hat den Schneider gern, wie alle im Dorf, auch wenn er manchmal ein bisschen eitel tut. „Lass doch mal anschaun Dein Geschenk von Gott.“ Wirklich – mit stolz geschwellter Brust holt der Schneider das Geschenk heraus und hält es der Blumenfrau hin.
„Oh“, mit weit offenem Mund starrt sie auf das Geschenk. „Oh, ist das schön. Darf ich’s mal halten? Nur ein bisschen? Nur einmal. Darf ich ein Stück davon haben? Oh…“ Entsetzt reißt der Schneider das Geschenk an sich. Ganz fest drückt er es an seine Brust. Nein, das war sein Geschenk. Ihm persönlich hat es der Engel gebracht. Und gut soll er aufpassen, hat er gesagt. „Nein, das geht nicht“ ruft der Schneider und eilt weiter. So etwas. Rasch schreitet er aus.
Doch… Was war das? Unwillkürlich wird der Schneider langsamer. Da passiert doch etwas? Mit drei raschen Schritten ist der Schneider um die nächste Hausecke verschwunden. Vorsichtig schaut er nach rechts und links. Niemand zu sehen. Da nimmt er ganz vorsichtig das Geschenk aus der Tasche und erstarrt. Der Schneider wird blass und beginnt zu zittern.
„Das Geschenk! War das vorher nicht viel größer?“ Entsetzt starrt der Schneider auf das Geschenk das jetzt ganz leicht in einer Hand Platz hat. „Es wird doch nicht geschrumpft sein? Geschrumpft? Ein Geschenk des lieben Gottes? Nein das kann nicht sein. Sicher war es immer so klein. Ich habe mich wohl getäuscht“, versucht sich der Schneider zu beruhigen. „Ob die Blumenfrau schuld ist. Die hat es ja gesehen…“
Jetzt hat es der Schneider eilig. Nichts wie nach Hause. „Ich muss das Geschenk in Sicherheit bringen, ich muss doch gut darauf aufpassen.“
Doch die Nachricht vom Besuch des lieben Gottes hat sich in Windeseile im ganzen Dorf verbreitet. Alle wollen es sehen. Alle fragen und bedrängen den armen Schneider. Der wird richtig wütend und zornig. Der Schneider schreit die Leute an, sie sollen verschwinden.
Schließlich rettet sich der Schneider mit einem Sprung in sein Haus. Er schlägt die Tür hinter sich zu und will nun das Geschenk in Sicherheit bringen. „Das Geschenk? Das Geschenk, wo ist das Geschenk…?“
Die Stimme des Schneiders überschlägt sich. Kreidebleich wühlt er in seiner Tasche herum. Er zittert. Der Schneider zwingt sich ruhig die Tasche zu durchsuchen.
Da … Da ist es ja. Der Schneider ist verzweifelt: Das Geschenk hat jetzt auf seiner Fingerspitze Platz. So klein ist es geworden. Weinend legt es der Schneider in seine Schmuckschatulle. Es ist ja immer noch sehr wertvoll. Auch wenn man es kaum mehr sieht.
So findet ihn der fahrende Händler, ein weitgereister Mann, der von Dorf zu Dorf zieht und mit allen möglichen und unmöglichen Dingen handelt. Er ist überall gerne gesehen, weil er Waren bringt die es in den kleinen Dörfern nicht gibt. Er hat viel erlebt und ist ein weiser alter Mann. Er hat schon vielen einen guten Rat gegeben.
Schluchzend erzählt der Schneider dem fahrenden Händler, was heute alles passiert ist. „… und dann ist das Geschenk immer kleiner und kleiner geworden“, jammert der Schneider. „Ja“, sagt der Händler „und jetzt ist es so klein, dass es nicht mehr kleiner werden kann. Bald verschwindet es ganz. Du musst es mir geben, “ sagt er eindringlich mit seiner warmen freundlichen Stimme. „Gib es mir.“
Der Schneider sieht ihn durch seine tränennassen Augen an. „Das Geschenk des lieben Gottes hergeben?“ Er blickt lange in das offene ehrliche Gesicht mit seinen langen weißen Haaren und dem Bart, der bis zu den Knien reicht. Dann sieht er dem Händler tief in die Augen. Es ist ein Licht in ihnen, fast als würde ein Engel in ihnen wohnen.
Der Schneider gibt sich einen Ruck und legt ganz vorsichtig das winzige Geschenk in die offene Hand des Händlers. Der lächelt den Schneider freundlich an und legt das Geschenk in die Hand des Schneiders zurück. Es ist jetzt fast so groß wie eine Hand.
„Gottes Geschenke sind etwas Besonderes“, weich und warm dringt die Stimme tief in das Herz des Schneiders, „man muss sie teilen. Je mehr man sie weiterschenkt, desto größer werden sie. Nur wer sie für sich behält, hat bald nichts mehr.“
Da springt der Schneider mit einem lauten Jauchzen auf. Er singt, tanzt und jubelt auf den Dorfplatz hinaus. Das ganze Dorf ist versammelt. Jeden umarmt der Schneider und gibt ihm ein Stück von dem Geschenk, das immer größer wird. Bald feiert das ganze Dorf ein großes Fest.
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