Predigt an Erntedank über 1. Timotheus 4, 4+5
(6.10.2024 Auferstehungskirche, Thema: Alles ist gut, was Gott geschaffen hat)
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde!
Heute nun feiern wir Erntedank. Wir nehmen uns Zeit, um uns bewusst zu werden, wofür wir eigentlich alles zu danken haben. Wir tun dies zu einer Zeit in der die Früchte geerntet werden, der Wein gelesen wird – zu einer Zeit, in der uns vor Augen steht, was Gott uns in diesem Jahr alles geschenkt hat.
Erntedank.
Meine Gedanken schweifen ab. Ich erinnere mich an einen Artikel, den ich letztens las. Dort hieß es bezüglich der Pflanzen und Tiere:
Pro Tag sterben rund 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Jeden Tag sterben etwa 150 Arten unwiderruflich aus. Durch den menschlichen Einfluss, beispielsweise auf den Klimawandel, gehen Pflanzen- und Tierarten 1.000 Mal schneller verloren, als neue entstehen und auf natürliche Weise aussterben würden. Auf der roten Liste der bedrohten Pflanzen- und Tierarten stehen mittlerweile über 40.000 Arten – und damit mehr als je zuvor. Dazu zählen: über ein Viertel aller Säugetierarten
rund ein Achtel der Vogelarten, über 40 Prozent der Amphibienarten, über 30 Prozent der Haie und Rochen, Daneben sind etwa 10 Prozent aller Insekten vom Aussterben bedroht. Das ist eine enorm hohe Zahl an Tieren.
Unter anderem ist die Landwirtschaft mit Schuld, die diese leckeren Sachen hier produziert hat. Wir wollen es billig und lecker, also baucht es Pestizide, Herbizide und vieles andere mehr.
Erntedank?
Und was predige ich jetzt? Die Einzigartigkeit der Schöpfung? Wie toll Gott alles erschaffen hat? Kippe ich die schöne etwas rosafarbene Sauce über alle Realität, damit wir Erntedank feiern können?
Nein – schauen wir lieber einmal auf einen Text aus dem 1. Timotheusbrief:
Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Wir brauchen nichts davon abzulehnen, sondern dürfen alles essen, nachdem wir Gott dafür gedankt haben. Es wird durch das Wort Gottes und durch das Gebet rein.
Quer. Einfach quer steht dieses Wort Gottes zu meinen Gedanken. Alles, was Gott geschaffen hat ist gut. Simpler, einfacher kann man es nicht ausdrücken. Es ist gut.
Das ist mir zu einfach. Alles ist gut. Das stimmt doch nicht. Nicht alles ist gut. Wenn alles gut wäre, dann bräuchte ich doch gar nicht so wütend zu sein. Dann bliebe doch die reine Freude an Gott und seiner von ihm geschaffenen Natur. Aber es ist einfach nicht alles gut. Ja, manchmal habe ich sogar den Eindruck: Es wird alles immer schlechter. Und ich habe große Sorge davor, wohin unsere Welt steuert. Wie wird die Welt aussehen, wenn Paul, mein Sohn, einmal alt sein wird? Wenn die Gier der Menschen weiter so um sich greift, dann mag ich mir das kaum vorstellen. Manchmal könnte man schon resignieren, wenn man alle die schlechten Nachrichten hört.
Der Apostel Paulus hat in seinem Brief an Timotheus diesem den rechten Blickwinkel zeigen wollen. Er will ihm die Augen auf den Ursprung von allem lenken, will zeigen, dass alles, was da ist, seinen Ursprung in Gottes gutem Schöpferhandeln hat. Paulus möchte dem Timotheus, seiner Gemeinde und uns einen Maßstab an die Hand geben. Er sagt: Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Dankbarkeit empfangen werden kann.
Genau hier treibt Paulus mit seinem Brief einen Keil in die Realität. Sehr eindrücklich sagt er uns heute: Alles ist gut, was Gott geschaffen hat. Dies bedeutet: Das gilt auch heute noch. Alles ist gut – die Äpfel, die Birnen, die Trauben, die Orangen, die Bananen, die Nektarinen – alles, was wir nachher essen werden, ist gut. Alle Früchte, alles, was hier vorne so schön vor dem Altar liegt ist gut, weil Gott es geschaffen hat. Es kommt darauf an, was wir daraus machen.
Alles ist gut, was Gott geschaffen hat. Dies bedeutet: Auch die Fähigkeiten von Menschen sind gut. Unsere Intelligenz, unsere Möglichkeiten sind gut, denn diese empfangen wir ebenfalls von Gott. Ob wir sie zum Schaden oder zum Nutzen von Menschen einsetzen liegt an uns. Es kommt drauf an, was wir daraus machen.
Alles ist gut, was Gott geschaffen hat. Dies bedeutet: Schaue genau hin. Nicht alle sind skrupellos. Eher im Gegenteil. Weit mehr sorgen sich um Andere als dass sie sie lediglich als Ausbeutungsobjekt sehen. Es kommt drauf an, was wir daraus machen.
Alles ist gut, was Gott geschaffen hat. Dies bedeutet: Du brauchst nicht aufzugeben, zu resignieren. Auch wenn du den Eindruck hast, alles wird immer schlechter, Gott tut das seine dazu. Er stellt sein Gutes gegen das Schlechte. Und er tut es immer wieder neu. Es kommt drauf an, was wir daraus machen.
Ich merke, dass dies keine rosafarbene Sauce ist: Alles ist gut. Ich merke, dass dieser kleine Satz des Paulus auch uns heute Morgen Mut machen kann. Alles ist gut.
Ja, das stimmt. Aber es stimmt nur, wenn ich die Perspektive verstehe. Das stimmt nur, wenn ich aus einer anderen Richtung als sonst schaue. Hören wir noch einmal genau auf die Worte des Timotheusbriefes:
Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Wir brauchen nichts davon abzulehnen, sondern dürfen alles essen, nachdem wir Gott dafür gedankt haben. Es wird durch das Wort Gottes und durch das Gebet rein.
Alles ist gut, nachdem wir Gott dafür gedankt haben. Der Dank – auch im Gebet verändert alles. Denn in diesem Dank ist enthalten, dass ich staune darüber, was Gott alles geschaffen hat und schafft. In diesem Dank ist enthalten, dass ich demütig werde vor dem was Gott geschaffen hat und schafft. Und in diesem Dank ist enthalten, dass ich mich einsetze für das, was Gott geschaffen hat und schafft. In diesem Dank ist enthalten, dass mein Leben nicht selbstverständlich ist, so wie es ist.
Die Kinder sind gerade dabei der Sammelwut von Frederic zuzusehen. Frederic ist eine kleine Maus, die im Gegensatz zu ihren Artgenossinnen keine Essensvorräte sammelt, sondern etwas ganz anderes. In dem Buch heißt es dann:
Und weil es bald Winter wurde, begannen die kleinen Feldmäuse Körner, Nüsse, Weizen und Stroh zu sammeln. Alle Mäuse arbeiteten Tag und Nacht. Alle, bis auf die Maus Frederick. „Frederick, warum arbeitest du nicht?“ fragten sie. „Ich arbeite doch“, sagte Frederick, „ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten, dunklen Wintertage. “Und als sie Frederick so dasitzen sahen, wie er auf die Wiese starrte, sagten sie: „Und nun, Frederick, wir sind alle am Arbeiten, was machst du jetzt?“ „Ich, ich sammle Farben“, sagte er nur, „denn der Winter ist lang und grau.“
Als nun der Winter kam und der erste Schnee fiel, zogen sich die fünf kleinen Feldmäuse in ihr Versteck zwischen den Steinen zurück. In der ersten Zeit gab es noch viel zu essen, und die Mäuse erzählten sich Geschichten, über singende Füchse und tanzende Katzen. Da war die Mäusefamilie glücklich! Aber nach und nach waren fast alle Nüsse und Beeren aufgeknabbert, das Stroh war alle und an die Körner konnten sie sich kaum noch erinnern.
Es war auf einmal sehr kalt zwischen den Steinen der alten Mauer und keiner wollte mehr sprechen. Da fiel ihnen plötzlich ein, wie Frederick von Sonnenstrahlen, Farben und Wörtern gesprochen hatte. „Frederick!“ riefen sie, „was machen deine Vorräte?“ „Macht die Augen zu“, sagte Frederick und kletterte auf einen großen Stein. „Jetzt schicke ich euch Sonnenstrahlen. Fühlt ihr schon, wie warm sie sind? Warm, schön und golden?“ Und während Frederick so von der Sonne erzählte, wurde den vier kleinen Mäusen schon viel wärmer. Ob das Fredericks Stimme gemacht hatte? Oder war es ein Zauber? „Und was ist mit den Farben, Frederick?“ fragten sie aufgeregt. „Macht wieder eure Augen zu“, sagte Frederick. Und als er von blauen Kornblumen und roten Mohnblumen im gelben Kornfeld und von grünen Blättern am Beerenbusch erzählte, da sah sie die Farben so klar und deutlich vor sich, als wären sie aufgemalt in ihren kleinen Mäuseköpfen.
Die Mäuse und Frederic hatten vieles wofür sie danken konnten und wir glücklicherweise auch. Danke. Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.
Es gibt eine Seite mit den alten Losungsandachten:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause