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Predigt über 1.Petrus 5,5b-11 mit Geschichte

© Jens Bielinski-Gärtner

Predigt am 15. S.n.Tr. über 1. Petrus 5, 5b-11
(28.9.2025; Auferstehungskirche, Thema: Gott verspricht: „Demut leben“)

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen      

Liebe Gemeinde!

Mein Leben ist kein Rundum-Sorglos-Paket. Das merken wir gerade wieder jeden Tag. Irgendwie häufen sich gerade die schlechten Nachrichten: Bosch entlässt tausende Menschen, die Lufthansa streicht viele Stellen, Trump ist immer noch blöd, die Kriege in Gaza und der Ukraine enden nicht. Und Corona ist wieder auf dem Vormarsch. In diese Ängste hinein wird uns wieder und wieder in der Bibel zugerufen: „Fürchte dich nicht!“ Und: „Lasst dich nicht von deinen Sorgen erdrücken!“ Darum singen und beten Christen immer wieder gegen Angst und Sorgen an. So wie auch die fremde Stimme, auf die wir heute hören. Die Worte des 1. Petrusbriefes sprechen zu uns – in unsere Zeit. Aus Not und Bedrängnis – zum Trost und zur Freude am Leben.

Die Christen, an die sich der 1.Petrusbrief richtet, kennen keinen Schutz durch Religionsfreiheit. Sie sind Fremde ohne Bürgerrecht – weil sie Christen sind. Eine angefeindete Minderheit. Sie werden bedrängt und benachteiligt. Ihr Glaube und wie sie als Christen leben, das stößt auf Ablehnung. Der Mainstream – die Mehrheit – Volkes Stimme – klagt sie an: „Die Christen machen nicht mit, die verhalten sich anders, die weichen ab.“ In den Augen der vorherrschenden römisch-heidnischen Kultur galten Christen damals bestenfalls als Narren. Und ihr Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Juden aus Nazareth als Narretei. Staatsfeinde sind sie damals noch nicht gewesen. Aber gedisst und gemobbt – das wurden sie schon kräftig. Davon können sie ein Lied singen – eines mit vielen Strophen. Sie lehnen den Kaiserkult ab. Darum sind Gottlosigkeit und Aufruhr verbreitete Anschuldigungen. Sie beteiligen sich nicht an den staatlich angeordneten Opferkulten. Darum wird ihnen vorgeworfen: Die Christen stören die Regeln des Miteinander und verletzen wirtschaftliche Interessen.

Die so an den Rand Gedrängten will der Petrusbrief trösten. Wir hören nun für heute Worte aus dem 5.Kapitel:

Alle aber miteinander bekleidet euch mit Demut; Ihr wisst doch: »Gott widersetzt sich den Überheblichen, aber denen, die gering von sich denken, wendet er seine Liebe zu.« 6 Beugt euch also unter Gottes starke Hand, damit er euch erhöhen kann, wenn die Zeit gekommen ist. 7 Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch. 8 Seid wachsam und nüchtern! Euer Feind, der Teufel, schleicht um die Herde wie ein hungriger Löwe. Er wartet nur darauf, dass er jemand von euch verschlingen kann. 9 Leistet ihm Widerstand und haltet unbeirrt am Glauben fest. Denkt daran, dass die Gemeinschaft eurer Brüder und Schwestern in der ganzen Welt die gleichen Leiden durchzustehen hat. 10 Ihr müsst jetzt für eine kurze Zeit leiden. Aber Gott hat euch in seiner großen Gnade dazu berufen, in Gemeinschaft mit Jesus Christus für immer in seiner Herrlichkeit zu leben. Er wird euch Kraft geben, sodass euer Glaube stark und fest bleibt und ihr nicht zu Fall kommt. 11 Ihm gehört die Macht in Ewigkeit! Amen.  

Widersteht – fest im Glauben. Starke Worte – große Worte. Nichts wird klein geredet. Nichts wird beschönigt. Die Bedrängnisse sind groß. Real. Der Widersacher, der Satan, der Inbegriff des Bösen – brüllt und verschlingt, was sich ihm entgegensetzt. „Dem widersteht – fest im Glauben.“ (V.9) Einer Übermacht Widerstand leisten? Als Minderheit? Wie das denn? Ist das nur eine fromme Parole? Wo kommen denn widerständige Kräfte her – der feste Glauben?

Es heißt: Vom Grund der Hoffnung her: Der „Gott aller Gnade“, der im Messias Jesus euch „aufrichtet, stärkt, kräftigt, der gibt euch ein Fundament“ (V.10). Diesem Überwinder des Widersachers „sei die Macht in Ewigkeit. Amen“ (V.11). Das Amen kommt wie ein Basta, klingt wie eine Beschwörung. Doch wie kann das denn im Alltag gelebt werden?

Aussitzen und Ausharren? Sich mucksmäuschenstill verkriechen? Bis das Unheil – die Bedrohung – bis das Böse – vorübergezogen ist wie ein Gewitter? Nein – so nicht! Hier im 1. Petrusbrief, liebe Gemeinde, wird uns ein anderer Weg gezeigt: Gebt durch euer Leben – in der Gemeinde – ein Zeugnis von Jesus Christus. Christus ist das Vorbild, folgt seinen Fußstapfen, heißt es einmal.

Christen sollen nicht abtauchen, sondern erkennbar werden. Allen voran so: Indem sie einander mit Demut „kleiden“. Wörtlich heißt das, bildhaft: Wir sollen „uns Demut gegenseitig umbinden“ Wie ein sichtbares Erkennungszeichen, wie ein Trikot. Demut als Outfit der Christen. Das zentrale Erkennungszeichen. Wenn man so will die Summe des Evangeliums: sein Markenzeichen, sein Kern: Jesus, die Demut, die Sanftmut in Person. Demut einander umbinden – das ist dann wie ein Nachbilden des Vorbildes Jesus Christus in uns.

Das bedeutet, liebe Gemeinde: Nicht über andere herrschen – sondern: dienen, helfen. Nicht andere beherrschen – sondern sich beherrschen. Das betrifft auch für unser Verhältnis zu Pflanzen und Tieren, zu Wäldern und Feldern, zu Flüssen, Seen und Meeren.

Christus einander umbinden bedeutet: Sich nicht aufblähen und als Sieger inszenieren. Vielmehr Schwächen Anderer mittragen, ihr Leid mitempfinden – mitleiden, ertragen und mittragen. Demut – das Gegenteil von Konkurrenzkampf und Selbstoptimierung. Wenn wir in der Demut Christus in uns nachbilden, steht unser christliches Leben auch heute quer zu diversen Dynamiken unserer Zeit. Hier und heute kommt es darauf an, in einem unablässigen Wettbewerb andere zu übertreffen – in der Schule, im Beruf, selbst in der Partnerschaft und erst recht, wenn es um wirtschaftlichen Erfolg geht. Besser sein. Sich optimieren. Sich groß und wichtig machen. Sich inszenieren. Sich durchsetzen. Das sollen Menschen lernen und beherrschen, die vorankommen wollen, die an die Spitze wollen, die die Führung übernehmen.

Demut üben – sich bescheiden, sich zurücknehmen, abwarten und sich hintanstellen, das gilt als Schwäche – als Versagen. Vielleicht im Wohltätigkeitsbereich ist das gerade noch erwünscht. In den helfenden Berufen. Aber auch da nicht mehr in den Chefetagen der „Experten für das Elend“, wie sich manche Hilfsorganisationen anpreisen. Nur am Boden, beim Bodenpersonal, da schon. Und nun, heißt es, genau da ist der Ort der Christen. Denn da ist Christus und da sind die, die mit ihm unterwegs sind.

Ist da Häme und Spott garantiert? Das muss nicht sein, aber es kommt immer wieder vor. Der 1. Petrusbrief rechnet damit: Brüder und Schwestern in der Welt wird es so ergehen. Das teilen wir mit Christen zu allen Zeiten und an allen Orten.

Was schützt und immunisiert dagegen? Wir hören von einem Übungs- und Erfahrungsfeld: „Demütigt euch unter die mächtige Hand Gottes!“ Was sich für viele wie eine Unterwerfung anhört, ist vielmehr ein Zuspruch: Da – unter der mächtigen Hand Gottes – findet ihr Zuflucht. Da seid ihr geborgen. Da spüren Gedemütigte und Erniedrigte: Der Vater im Himmel trägt meine Sorgen.

Gott, der Christus nicht im Stich gelassen hat – lässt auch uns nicht fallen. Der Trost Christi ist auch unser Trost – geborgen sind wir in Gottes starker Hand. Aus solcher Gewissheit wächst Gelassenheit – Mut zu Demut. Und diesen Mut zur Demut braucht es. Ich tue mich nicht leicht damit. Mich ermutigen Menschen, die Mut zur Demut haben:

Und als ein Beispiel eines demütigen Menschen, will ich von Mutter Teresa erzählen.

Im Jahr 1985 folgte Mutter Teresa einer Einladung der Vereinten Nationen, aus Anlass des 40. Jahrestags der Gründung der UN vor über 1.000 Würdenträgern und Diplomaten in New York eine Rede zu halten. Interessant ist, was Mutter vor dieser berühmten Rede getan hatte. Natürlich wird ein Ehrengast der Vereinten Nationen in einem sehr guten Hotel vor Ort untergebracht und von einem Chauffeur mit einer Limousine abgeholt. Nicht so Mutter Teresa. Sie zog es vor, im nächstgelegenen Schwesternhaus ihres Ordens »Missionarinnen der Nächstenliebe« in Washington zu übernachten. Mutter Teresa stand wie an jedem Tag in aller Frühe auf und besuchte zusammen mit den Nonnen die Messe und die Morgenbetrachtungen. Danach wusch sie, wie sie und alle Schwestern es jeden Morgen tun, ihren weiß-blauen Sari mit den Händen. Anschließend begann das Säubern der Fußböden und Toiletten. Die mittlerweile 75-Jährige mutete sich fast immer die Toiletten zu, was in Washington noch gehen mag, in Indien aber eine für viele unerträgliche Arbeit ist. Mutter Teresa scherzte manchmal: »Dafür bin ich Spezialistin, wahrscheinlich die weltbeste Spezialistin im Toilettenputzen.« Erst nach dem Waschen und Putzen fuhr ein Helfer ihrer Kongregation sie in seinem klapprigen Wagen über vier Stunden lang von Washington nach New York, damit sie ihre Rede halten konnte. Abends kam sie auf demselben Weg zurück und nahm bis zu ihrer Weiterreise am Tagesablauf der Schwestern teil. Amen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.

 

Hier sind alte Andachten zu finden:

 

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Veröffentlicht am27. September 2025

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Pfarrer Dirk Thamm

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