Predigt am 6.S.n.Tr. über 1. Petrus 2,2-10
(27.7.2025; Auferstehungskirche, Thema: Bedeutung der Taufe)
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen
Liebe Gemeinde!
Können Sie sich an Ihre eigene Taufe erinnern? Die meisten von Ihnen werden jetzt denken: Blöde Frage - wie soll das denn funktionieren, ich bin doch als Kind getauft worden. Also kann ich mich nicht daran erinnern. Stimmt. Auch heute noch werden die meisten Menschen als Babys getauft. Die Eltern und die Paten geben dann das Versprechen, das Kind im christlichen Glauben zu erziehen. Es wächst in dem Wissen auf: Ich bin getauft. Die Taufe als etwas völlig Normales und Selbstverständliches, das zum Leben dazugehört.
Das war nicht immer so. Die Taufe von Säuglingen hat sich erst relativ spät in der Kirche durchgesetzt. Viele Jahrhunderte lang war es normal, dass sich Erwachsene taufen lassen. Auch das neue Testament berichtet uns von Erwachsenentaufen - so z.B. die Taufe des äthiopischen Kämmerers durch Phillipus. Die Menschen wussten vorher, auf was sie sich einlassen, was es heißt, getauft zu werden. Sie hatten andere Christen vorher erlebt, ihnen war von Jesus Christus berichtet worden und man hatte ihnen vom Sinn der Taufe erzählt.
Da ja die meisten von uns sich nicht so bewusst für die Taufe entschieden haben, ist es gut, dass es solche Tage wie heute gibt. Der heutige Sonntag dient der Tauferinnerung und wir wollen versuchen, uns vor Augen zu halten, was es heißt, getauft zu sein. Dabei soll uns ein Text aus dem Petrusbrief helfen.
Der Petrusbrief ist gegen Ende des ersten Jahrhunderts geschrieben worden. Es ist ein Brief, der sich an die jungen Gemeinden richtet, die sich in Kleinasien befinden. Diese waren sehr unter Druck, da sich die Christen den ersten Verfolgungen ausgesetzt sahen. Religiöse Verfolgungen waren damals sehr ungewöhnlich. Normalerweise lebten die Religionen in einem bunten Mix nebeneinander her. Griechische Götter wurden genauso verehrt wie die römischen Götter, daneben gab es Naturgötter, ägyptische Götter, Orakel, Mysterien, Fruchtbarkeitsgötter.... Nicht selten wurden sie alle auf einmal verehrt. Etwas außerhalb aber dennoch geachtet stand die jüdische Religion, von der man nicht verstand, warum sie sich nur auf einen Gott beschränkten, wo es doch so viele gab. Die Christen aber wurden anders angesehen. Ihr Selbstbewusstsein war oft so hoch, das sie negativ auffielen. Sie sprachen davon, den einzig gültigen Gott zu verehren. Sie seien das wahre Volk Gottes. So lehnten sie die Verehrung der Kaiser ab. Ende des ersten Jahrhunderts kam es so zu ersten Christenverfolgungen durch die römischen Kaiser.
In diese Situation hinein ist der Petrusbrief geschrieben worden. Er will die Gemeinden ermutigen. Zugleich richtet er sich an die Neugetauften in der Gemeinde. Ihnen hält er vor Augen, was es nun für sie bedeutet, getauft zu sein. Ich lese aus dem ersten Petrusbrief, aus dem 2.Kapitel die VV. 2-10:
Wie neugeborene Kinder nach Milch schreien, so sollt ihr nach dem unverfälschten Wort Gottes verlangen, um im Glauben zu wachsen und das Ziel, eure Rettung, zu erreichen. 3 Ihr habt doch schon gekostet, wie gütig Christus, der Herr, ist. 4 Kommt zu ihm! Er ist der lebendige Stein, den die Menschen als unbrauchbar weggeworfen haben; aber bei Gott ist er ausgesucht und wertvoll. 5 Lasst euch selbst als lebendige Steine zu einem geistigen Haus erbauen, zu einer Priesterschaft, die Gott geweiht ist und die ihm, vermittelt durch Jesus Christus, Opfer darbringt, Opfer geistiger Art, an denen er Gefallen hat, nämlich den Opferdienst des ganzen Lebens. 6 In den Heiligen Schriften heißt es: »Auf dem Zionsberg lege ich einen Stein, einen ausgesuchten, wertvollen Grundstein. Wer auf ihn vertraut, wird nicht zugrunde gehen.« 7 Wertvoll ist dieser Stein für euch, die ihr auf Jesus Christus vertraut. Aber für die, die ihn ablehnen, gilt: »Der Stein, den die Bauleute als wertlos weggeworfen haben, ist zum Eckstein geworden. 8 An ihm stoßen sich die Menschen. Er ist zum Felsblock geworden, an dem sie zu Fall kommen.« An ihm stoßen sich alle, die dem Wort Gottes nicht gehorchen. Doch so hatte es Gott für sie bestimmt. 9 Ihr aber seid das erwählte Volk, das Haus des Königs, die Priesterschaft, das heilige Volk, das Gott selbst gehört. Er hat euch aus der Dunkelheit in sein wunderbares Licht gerufen, damit ihr seine machtvollen Taten verkündet. 10 Früher wart ihr nicht sein Volk; aber jetzt seid ihr das Volk, das Gott gehört. Früher galt euch nicht sein Erbarmen; aber jetzt habt ihr sein Erbarmen erfahren.
Viele Bilder und Zitate aus dem Alten Testament bestimmen diesen Text: Milch als Stärkung für neugeborene Kinder, Christus als der lebendige Stein, die Christen als Steine, die zu einem geistlichen Haus erbaut werden, die Gläubigen als Gottes Volk, das von der Finsternis zum Licht gekommen ist.
Mit allem dem möchte der Petrusbrief sagen: Ihr Christen, die ihr euch habt taufen lassen, lasst das alte Leben hinter euch und führt ein neues Leben, ohne Bosheit, Betrug, Heuchelei, Neid und üble Nachrede. Seid begierig hinter dem her, was Gott euch schenkt: Sein Wort und seinen Segen. Beides habt ihr schon kennengelernt. Es gilt euch, denn ihr seid vor Gott wertvoll und kostbar. Alle zusammen bildet ihr die Gemeinde. Eure Opfer seien geistlicher Natur. Bringt also keine Tieropfer dar, sondern verhaltet euch im Sinne Jesu Christi. Ihr, die ihr euch habt taufen lassen, ihr seid von Gott auserwählt. Ihr seid mehr als die Priester, ihr seid wie die höchsten Priester des Königs - genauso edel und wertvoll. Vorher wart ihr kein Volk, sondern ihr seid viele einzelne aus unterschiedlichen Völkern gewesen. Nun aber seid ihr ein Volk, aber ein besonderes Volk: Gottes eigenes, heiliges und auserwähltes Volk. Vom Dunklen seid ihr ins Helle gekommen, aus der Finsternis in das Licht.
Beim ersten Lesen des Textes kam er mir doch sehr wirklichkeitsfremd vor. Dieser Text soll uns helfen, die Bedeutung der Taufe zu verstehen? Erst beim zweiten Lesen habe ich gemerkt, daß wir die Bilder des Textes übersetzen müssen. Denn sie waren für die Menschen der damaligen Zeit geschrieben, für Menschen, die die jüdische Religion vor Augen hatten und zeitweise selbst Juden gewesen waren. Ich denke, daß uns der Petrusbrief besonders drei Dinge über die Taufe sagen will:
1. Die Taufe ist ein Neuanfang
Der Petrusbrief braucht dafür die Bilder von dem Milch trinkenden Säugling, das heißt: Wie ein Kind die Muttermilch braucht und durch sie gedeiht, so brauchen die Menschen Gottes Liebe und die Getauften wachsen in ihrem Heil. Und den Neuanfang bezeichnet auch das Bild der Berufung aus der Finsternis heraus ins Licht.
Bei den Erwachsenentaufen ist dies gut zu verstehen. Ein Mensch, der auf Gott sein Vertrauen und seine Zuversicht setzt, bekommt seine Schuld vergeben. Paulus beschreibt dies mit dem Bild, daß die Schuld abgewaschen wird in der Taufe. Aber wie ist dies bei Kindern, die noch keine Schuld begangen haben? Und was ist mit der Schuld, die wir nach der Taufe begangen haben?
Die Taufe beinhaltet ein Versprechen Gottes: Ich bin bei dir. Und dieses Beisein Gottes beinhaltet auch die Möglichkeit des Neuanfangs. Wenn wir unsere Schuld bereuen, dann wird sie nicht ungeschehen, aber sie wird von Gott vergeben. Wir dürfen von vorne anfangen und bekommen von Gott die Kraft zur Versöhnung. Wir müssen die Last unseres Versagens nicht auf ewig mit uns herum schleppen, sondern können von neuem beginnen. Ein Zeichen, das uns an Gottes Vergebung erinnert ist das Abendmahl, das wir auch in diesem Gottesdienst miteinander feiern werden. Taufe also heißt Neuanfang.
2. Die Taufe bedeutet Gottes Ja und seine Begleitung
Im Petrusbrief werden viele Bilder gebraucht wie: das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft. Mit diesen Bildern wird zum Ausdruck gebracht, dass die Getauften für Gott wichtig, kostbar und wertvoll sind. Die Menschen sind nicht von sich aus königliche Priester oder auserwählt, sondern weil Gott ihnen seine Begleitung zugesagt und versprochen hat.
In der Taufe sagt Gott Ja zu einem Menschen. Das tut er auch schon vorher, denn sonst würde kein Mensch leben. Aber in der Taufe sagt er es dem Menschen selbst zu, wie es im Jesajabuch so schön heißt: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ Und diese Zusage Gottes gilt das ganze Leben lang. Man kann Gott und die Kirche vergessen, man kann sich selbst vergessen, Gott vergisst einen nicht. Seine Zusage gilt das ganze Leben lang, ob es nun zwanzig oder hundert Jahre dauert. Und auch über den Tod hinaus gilt: „Du bist mein!“ Taufe also ist ein Versprechen Gottes.
3. Taufe ist Hineinnahme in die Gemeinschaft
Im Petrusbrief heißt es: „.. die ihr einst nicht ein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid“ und es ist die Rede von Menschen als lebendigen Steinen, die zu einem Haus erbaut werden.
Durch die Taufe werden Menschen hineingenommen in die Gemeinschaft der Christen. Taufe ist also Aufnahme in die Gemeinde.
Wenn wir jetzt Resümee ziehen, dann sehen wir, dass uns der Text des Petrusbriefs auch für heute eine Menge zu sagen hat. Taufe ist Neuanfang, Zusage Gottes und Aufnahme in die Gemeinschaft. Ich weiß, dass ich alles drei für mein Leben brauche:
Ich brauche oft einen Neuanfang, weil ich schuldig geworden bin an Gott, anderen Menschen und an mir selbst. Erst die Möglichkeit des Neuanfangs macht das Leben für mich lebbar.
Ich brauche Gottes Begleitung, denn ich selbst bin oft zu schwach, um alles alleine schaffen zu können. Ich erlebe Gottes Mitsein als eine ungeheure Hilfe für mein Leben. Wenn ich nicht mehr kann, trägt mich Gott. Wenn ich mich freue, freut er sich mit.
Ich brauche die Gemeinschaft, denn ich brauche Menschen, die mir Mut geben, wenn ich mutlos bin; Menschen durch deren Ideen und Liebe ich beflügelt werde, wenn mir der Schwung fehlt; Menschen, die für mich beten, wenn ich es nicht kann. Viele kleine Menschen zusammen ergeben eine Gemeinde, die Hoffnung geben kann in dieser Welt.
Nun haben wir viel von dem Geschenk der Taufe erfahren, von dem Geschenk, das uns Gott in der Taufe gibt. Es ist gut, daß wir daran erinnert werden, daß Gott uns vergibt, mit uns ist und uns Gemeinschaft gibt. Ich wünsche uns, daß wir uns oft daran erinnern - nicht nur heute, sondern möglichst oft. Vielleicht denken sie in der nächsten Zeit an Gottes Geschenk, wenn sie eine Rose blühen sehen. Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus Amen.
Der Tonkrug des Lebens
Jeden Tag gehen die Frauen aus dem Dorf hinunter zum Fluss. In großen Tonkrügen holen sie Wasser; denn im Dorf gibt es keine Quelle. Eines Morgens schaut eine der Frauen verträumt einem Schmetterling hinterher. Dabei stolpert sie, und der Krug wird beschädigt. Einen zweiten hat sie nicht, auch kein Geld für einen neuen, und so umwickelt sie den Krug notdürftig mit ihrem Tuch. Aber das Wasser tropft an den Bruchstellen heraus, und als sie im Dorf ankommt, ist die Hälfte weg. „Ach“, klagt sie, „was für ein Unglück, warum war ich bloß so unvorsichtig? Alle anderen bringen mehr Wasser nach Hause! Meine Mutter hat Recht, ich bin wirklich zu nichts nütze!“
Eines Morgens aber, als die Frauen wieder zum Fluss gehen, ist der schmale Pfad gesäumt von grünen Gräsern und vielen kleinen Blumen; rot, gelb und weiß leuchten sie. „Das waren Deine Wassertropfen“, lachen die Frauen, „sie haben den staubigen Weg zum Blühen gebracht.“
Hier sind alte Andachten zu finden:
https://evangelisch-neuss-sued.de/gottesdienste/beten-zuhause