Meditation und Besinnung zu einem Bild von Sieger Köder
Nehmen wir uns Zeit, um das Bild von Sieger Köder zu betrachten.
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Ich sehe die Jünger Jesu um einen Tisch sitzen. Sie sehen angestrengt und müde aus. Vieles haben sie in der letzten Zeit erlebt. Vieles haben sie gesehen. Und immer waren sie unterwegs. Kaum gab es die Möglichkeit, das Erfahrene zu verarbeiten. Müde und erschöpft wirken sie, leer, ausgebrannt.
Und zugleich spüre ich neben der Erschöpfung auch eine Anspannung. Sie sitzen voller Spannung um den Tisch herum. Sie haben es gespürt - diese Station in Jerusalem ist etwas Besonderes. Schon die Art und Weise, wie sie hier empfangen wurden. „Hosianna“ – Palmwedel auf den Straßen, jubelnde Menschen. Sie hatten schon vieles erlebt, aber dieser Aufruhr war bei weitem der größte gewesen.
Sie hatten aber auch die Blicke der Oberen, der Priester und Schriftgelehrten gespürt – und es hatte sie erschaudert. Auch Jesus, ihr Freund und Meister war irgendwie anders. Sie spürten, dass etwas Besonderes in der Luft lag.
Und dann dieses Mahl. Jesus bricht das Brot und gibt den Wein. Und er schenkt dem alten Ritual des Passamahls eine Bedeutung. „Mein Leib“ – „mein Blut“. Fragend und nicht richtig verstehend, so sehe ich die Augen der Jünger. Und sie sind zutiefst betroffen von der Handlung ihres Herrn. Jesus verschenkt sich – und doch scheint keiner würdig zu sein. Judas, der ihn verraten wird schleicht sich aus dem Zimmer. Aber auch er wurde gesättigt. Petrus, links vorne im Bild wird Jesus verleugnen. Auch er wird satt.
Von Jesus selber sehen wir nur seine Hände. Er reicht den Wein, er bricht das Brot. Sein Angesicht spiegelt sich im Wein des Kelches.
Das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern. Eine Szene vor 2000 Jahren beschrieben in dem eindrucksvollen Bild von Sieger Köder. Und doch, dieses Bild ergreift auch mich. Ich entdecke in ihm eine Wichtigkeit für mein Leben – für mich ganz persönlich.
Die Jünger sind erschöpft, müde, ausgebrannt.
Auch ich darf erschöpft, müde und ausgebrannt sein. Nicht immer nur stark. Nicht immer aufrecht. Nicht immer mutig. Egal, ob ich erschöpft oder voller Kraft bin. Hier bin ich richtig. Hier gehöre ich hin. Das Mahl ist für mich. Jesus lädt mich ein.
Die Jünger versagen, verraten und verleugnen Jesus.
Auch ich darf versagen. Auch in meinem Leben darf es Versagen geben – ein Versagen an mir selber, ein Versagen meinen Mitmenschen gegenüber, ein Versagen in der Beziehung zu Gott. Nicht immer muss alles gradlinig, richtig und korrekt sein in meinem Leben.
Egal, ob ich versage oder nicht. Hier bin ich richtig. Hier gehöre ich hin. Das Mahl ist für mich. Jesus lädt mich ein.
Und noch etwas berührt mich, spricht tief in meiner Seele eine Sehnsucht an – lässt mich erkennen, wie groß die Liebe ist, die im Mahl deutlich wird.
Nur die Hände Jesu sind zu sehen. Sein Angesicht als Spiegelung im Wein des Kelches. Das Kreuz wirft seinen Schatten über die Szene. Das gebrochene Brot auf dem Tisch formt die griechischen Buchstaben Chi und Rho, X und R, Christus, Retter der Welt.
Im Blickpunkt die Jünger – mit den Augen Jesu gesehen. Sie stehen im Mittelpunkt, nicht Jesus. Er selber nimmt sich zurück. Er gibt sich, er gibt Kraft und Hoffnung. Er sättigt und macht Mut. Und er bleibt im Hintergrund. Ich erkenne die wahre Größe Jesu. Kein gefeierter Held, kein strahlender Christus, nicht auf Anerkennung bedacht. Sich selber zurücknehmend. Sich selber gebend. Nicht er ist wichtig, die Menschen, für die er sich gibt, sind es.
Ich ahne die Liebe, die hinter dieser Größe Jesu steht. Ich ahne etwas von dem Ausmaß de Liebe, die ihm dieses Handeln möglich macht. Und ich spüre, diese Liebe gilt auch mir. Hier bin ich richtig. Hier gehöre ich hin. Das Mahl ist für mich. Jesus lädt mich ein.
Ich spüre, dass der sich gebende Jesus Leben ermöglicht – gerade weil er sich nicht in den Mittelpunkt stellt. Einer, der alle Macht und alle Kraft besitzt, gibt sich hin – wird dadurch zur Kraft für mein Leben. Gott sei Dank. Hier bin ich richtig. Hier gehöre ich hin. Das Mahl ist für mich, Jesus lädt mich ein. Amen.